Paris. Frankreich hat eine neue Regierung. Präsident Macron findet sich mit einem rechten Kabinett ab. Die Linke ist irritiert. Le Pen wartet ab.

Der Macronismus ist zu Ende. Sieben Jahre lang prägte Präsident Emmanuel Macron die französische Politik mit seinem Mitte-Kurs. Seine Devise:: „En même temps“ – „zugleich“, ein Schritt nach rechts, einer nach links.

Das kann man von der neuen Regierung nicht sagen, die am Samstagabend vorgestellt wurde: Sie tendiert klar nach rechts. Die Nominierung von vielen rechtskonservativen Républicains wird auch als erstes Entgegenkommen gegenüber dem „Rassemblement National“ (RN) der Rechtspopulistin Marine Le Pen gewertet. Sie ist nicht in der Regierung vertreten, hat aber eine starke Position im Parlament.

Strengere Migrationspolitik?

Den wohl wichtigsten Posten, das Innenministerium mit seiner Polizei- und Migrationskompetenz, erhält Bruno Retailleau. Der Senator stammt – wie Premierminister Michel Barnier – aus der konservativen Partei Les Républicains (LR). Er gilt als Hardliner.

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In der Migrationsfrage zeichnet sich eine strengere Politik ab. Die Lage in Frankreich ist ähnlich wie in Deutschland, wo die Ampelkoalition unter Druck von rechts Grenzkontrollen einführte. Migrationspolitisch liegt Barnier nahe bei CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Der Franzose verlangte früher schon ein „Zuwanderungs-Moratorium“.

Regierung wird kein langes Leben prognostiziert

Verteidigungsminister bleibt Sébastien Lecornu, ebenfalls vom rechten Parteiflügel. Außenminister wird der proeuropäische Zentrumsdemokrat Jean-Noël Barrot. Wirtschaftsminister wird der relativ unbekannte Macronist Antoine Armand.

Umstritten blieb bis zum Schluss die Nominierung katholisch-konservativer Politiker. Fünf Ministerinnen und Minister, die sich abtreibungs- und LGBTIQ-kritisch geäußert hatten, erhalten teils wichtige Aufgaben. Insgesamt besetzen die Macronisten knapp die Hälfte der 39 Ministerposten, die Republikaner ein halbes Dutzend. 

Le Pen hält sich im Hintergrund

Die neue Regierung folgt auf die verheerende Ansetzung von Neuwahlen durch Macron. Weder sein Mitte-Lager noch die Rechte oder die Linke haben seither eine Mehrheit im Parlament.

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Viele prominente Politiker haben freiwillig auf einen Posten verzichtet, weil sie der Regierung Barnier kein langes Leben vorhersagen. Macronisten und Republikaner kommen auch zusammen nur auf 244 Sitze, womit sie weit entfernt von der absoluten Mehrheit von 289 Stimmen bleiben.

Linke kündigt Misstrauensantrag an

Der bisherige Innenminister Gérald Darmanin, LR-Chef Laurent Wauquiez und die Ex-Premiers Edouard Philippe und Gabriel Attal fürchten wohl um ihre Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2027, wenn sie einer so fragilen Regierung angehören. Alle bekannteren Linkspolitiker haben Barniers Angebot ihrerseits dankend abgelehnt. Mit einer Ausnahme: Der ehemalige sozialistische Abgeordente Didideer Migaud wird Justizminister.

Die Neue Volksfront (182 Sitze) hat unter der Ägide des Linkenchefs Jean-Louis Mélenchon angekündigt, dass sie gegen Macrons Regierung auf jeden Fall einen Misstrauensantrag einreichen werde. Dass die in den Wahlen knapp siegreiche Front Populaire nicht die Regierung bilde, sei „der größte Schwindel der Fünften Republik“, wetterte Mélenchons rechte Hand Manuel Bompard. Auch der Kommunist Ian Brossat sagte am Samstagabend nach der Vorstellung der Regierung, an ihrer Stelle hätte eine linke Regierung ernannt werden sollen, da die Volksfront die Wahlen gewonnen habe.

Die seit zwei Monaten dauernde Regierungskrise in Paris ist kaum ausgestanden. Indirekt gestärkt wird RN. Le Pen könnte Barniers Regierung mühelos stürzen, wenn sie ihre 126 Stimmen einem Misstrauensantrag von links zuträgt. Das macht den Premier erpressbar. Le Pen hält sich geschickt im Hintergrund und überlässt die Medienattacken gegen Macron der Linken. Sie weiß, dass sie die Regierung in ihrer Hand hat.

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