Düsseldorf. Die Belastungsverschiebung durch die Grundsteuerreform 2025 soll in NRW abgefedert werden. Schafft das nur neue Ungerechtigkeiten?

Das von der Landesregierung vorgeschlagene Hebesatz-Splitting zur Abfederung der umstrittenen Grundsteuerreform ab 2025 führt offenbar zu neuen Verwerfungen unter Immobilienbesitzern innerhalb einer Stadt.

Wie eine bislang unveröffentlichte Antwort von NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) auf parlamentarische Anfrage der FDP-Landtagsfraktion nahelegt, müssten Bewohner von Häusern mit einem Ladenlokal im Erdgeschoss oder Vereine mit eigenen Sportanlagen und Clubhäusern erhebliche Nachteile befürchten. Einfamilienhaus-Besitzer würden derweil weniger entlastet als gewünscht, Inhaber von Zweifamilienhäusern dafür überproportional stark.

„Das Splitting der Hebesätze ist eine riesige Illusion. Gutgemeinte Absichten zur Vermeidung von Belastungsverschiebungen vor Ort bleiben aus oder werden sogar ins Gegenteil verkehrt“, kritisierte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel gegenüber unserer Redaktion. Der Finanzminister kippe den Städten „im Kommunalwahljahr den Grundsteuerärger in den Vorgarten“. Witzel forderte, dass die missratene Reform „grundlegend überarbeitet wird“.

„Das Splitting der Hebesätze ist eine riesige Illusion“

Ein Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2018 hat NRW zur Neubewertung aller landesweit 6,5 Millionen Grundstücke gezwungen. Das Gesamtaufkommen der wichtigen kommunalen Einnahmequelle soll jedoch bei etwa vier Milliarden Euro stabil bleiben. Die angepassten Berechnungen würden ab 2025 bei Wohnimmobilien mit hohem Wertzuwachs über die vergangenen Jahrzehnte zu erheblich höheren Grundsteuern führen, während etwa die Lagerhalle im Industriegebiet deutlich billiger wäre.

Um diese Unwuchten auszugleichen, haben CDU und Grüne im Landtag jüngst zwei unterschiedliche Steuersätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke gesetzlich möglich gemacht. Die Städte sollen damit die Belastungsverschiebungen ausgleichen. Das Problem: In der Gruppe der „Nichtwohngrundstücke“ befinden sich auch gemischt genutzte Gebäude wie Wohnungen mit Ladenlokal. In der Gruppe der „Wohngrundstücke“ wiederum sind Einfamilienhäuser im Schnitt stark von der Grundsteuerreform getroffen, Zweifamilienhäuser hingegen seltener als vermutet.

Grundsteuer: Schon 1,5 Millionen Einsprüche und 90 Klagen in NRW

Das hat FDP-Mann Witzel nun anhand der Grundsteuermessbetragsvolumen beim Finanzministerium abgefragt. Die Folge: Nutzt eine Stadt die Möglichkeit der Hebesatzdifferenzierung, schafft sie häufig neue Ungerechtigkeiten. Im Herbst müssen die Stadträte ihre Hebesätze für 2025 beschließen. Die meisten halten nichts vom Splitting. Gerechtigkeit lässt sich wohl nur herstellen, wenn man für alle neun Gebäudekategorien unterschiedliche Steuersätze festsetzen würde - was jedoch für die Verwaltungen nicht zu stemmen wäre.

Die Lage wirkt ohnehin verfahren: Neben über 1,5 Millionen Einsprüchen sind inzwischen auch 90 Klagen in NRW eingereicht worden. Bereits 135.000 Steuerbescheide der Finanzämter mussten wegen fehlerhafter Berechnungen zurückgezogen werden.