Berlin. In einer Analyse untersucht die Stiftung Wissenschaft und Politik die Vereinbarungen der Regierung mit Staaten wie Usbekistan und Kenia.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss von Migrationsabkommen etwa mit Staaten wie Kenia und Usbekistan haben Forschende der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) von der Bundesregierung weniger nationale Alleingänge und mehr gemeinsame europäische Kooperationen im Bereich der Migrationspolitik gefordert. „Perspektivisch wäre es wünschenswert, wenn der Ansatz umfassender Migrationskooperation nicht auf einzelstaatliche Initiativen beschränkt bliebe, sondern auf die europäische Ebene übertragen würde“, heißt es in einer siebenseitigen Analyse des Berliner Thinktanks, der unserer Redaktion vorliegt.

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    „Ein innerhalb der EU abgestimmtes Vor­gehen würde zum einen die Verhandlungsmacht der Mitgliedstaaten gegenüber Herkunftsländern stärken“, so die Forschenden. Dies könne nicht nur beim Thema Abschiebungen zu „schnelleren Erfolgen“ beitragen, sondern gerade im Bereich Anwerbung von Fachkräften für den Arbeitsmarkt „von zuneh­mender Bedeutung“ sein.

    Gleichzeitig warnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Stiftung vor dem Risiko, dass „migrationspolitische Vereinbarungen einseitig in den Dienst restriktiver Ansinnen“ gestellt würden. Dies könnte eine „vielfach geforderte Auslagerung von Asylverfahren“ in andere Staaten außerhalb der Europäischen Union verstärken. Die Forschenden merken in ihrer Analyse zudem an, dass die „derzeitige Fokussierung auf einen zü­gi­gen Abschluss möglichst vieler bilateraler Migrationsabkommen“ das Risiko verstärke, dass die Verträge „weitgehend auf ihren deklaratorischen Charakter beschränkt“ bleiben würden.

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    Bei einem Besuch des kenianischen Präsidenten William Ruto am heutigen Freitag in Berlin soll ein vom Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), verhandeltes Migrationsabkommen zwischen Deutschland und dem afrikanischen Land unterzeichnet werden. Damit sollen die Einwanderung von Fachkräften sowie die Rückführung von Ausreisepflichtigen nach Kenia erleichtert werden.

    Am Sonntag bricht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Reise nach Usbekistan auf. Dort will Scholz nach Informationen dieser Redaktion auch ein Migrationsabkommen mit dem Land unterzeichnen. Offiziell ist der geplante Abschluss nicht bestätigt, Details zu der Vereinbarung wurden bisher nicht bekanntgegeben. Zur geplanten Unterzeichnung des Abkommens mit Usbekistan wird der Kanzler von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und dem Sonderbevollmächtigten Stamp begleitet.

    Eine Schülerin aus dem afrikanischen Guinea absolviert in der Metallwerkstatt in Bremen einen Kurs.
    Eine Schülerin aus dem afrikanischen Guinea absolviert in der Metallwerkstatt in Bremen einen Kurs. © Ingo Wagner/dpa/Archivbild | Unbekannt

    Mit Staaten wie Indien und Georgien hat die Bundesregierung bereits bilaterale Vereinbarungen abgeschlossen. Verhandlungen über ein Abkommen im Bereich der Migration laufen nach Angaben eines Sprechers des Bundesinnenministeriums derzeit etwa mit Ländern wie Kirgisistan und Kolumbien, aber auch Ghana und den Philippinen.

    Was auffällt: Anders als etwa Spanien und Italien verpflichtet sich Deutschland nicht zu konkreten Kontingenten bei der Zuwanderung. Die Regierung in Berlin setzt auf freiwillig organisierte Arbeitsmigration. Das ist für die einzelnen Migrantinnen und Migranten oft mit hohen Kosten, großen bürokratischen Hürden und langen Wartezeiten verbunden. Gerade deshalb müsse die Bundesregierung darauf achten, „dass bei den Partnerländern keine überzogenen Erwartungen an ein Abkommen wachsen“, sagt Anne Koch von der Stiftung Wissenschaft und Politik, eine der Verfasserinnen der Analyse.

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      „Der Zeitdruck ist hoch, es geht der Regierung auch darum, mit vielen Staaten Vereinbarungen zu schließen. Dabei ist die Unterzeichnung der Abkommen nur der erste Schritt, die Umsetzung der Abkommen benötigt deutlich mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen“, sagt Koch von der SWP. Sie fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen Ministerien des Bundes bei der Arbeit an den Abkommen.

      Die drei Autorinnen und Autoren der SWP-Analyse heben angesichts des verschärften Arbeitskräftemangels in Deutschland hervor, dass die Bundesregierung „verstärkt Maßnahmen zur Förderung der selbstorganisierten Arbeitsmigration“ ergreifen sollte. Zugleich sollten Institutionen wie die deutsche Botschaft, die Außenhandelskammer oder das Goethe-Institut vor Ort genau wie deutsche Unternehmen in den jeweiligen Regionen die Arbeitsmigration nach Deutschland fördern und die Initiativen dazu vor Ort in den Herkunftsländern enger verzahnen. „Auch wenn staatliche Akteure eine wichtige Rolle bei der Pilotie­rung und Anschubfinanzierung von An­werbe­initiativen übernehmen, sollten sie sich mittelfristig darauf konzentrieren, zentrale Abläufe wie die Visavergabe weiter zu beschleunigen und andere administrative Engpässe zu beheben“, heißt es in dem SWP-Papier.

      Der größte Anteil der Kosten für Spracherwerb, Nachqualifizierung und allgemeine Verwaltungsgebühren sollte laut den Forschenden „von den Unternehmen geschultert werden, die von den zusätzlichen Arbeitskräften profitieren“ würden.

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