Düsseldorf. In Sachsen und Thüringen ist die CDU auf die Wagenknecht-Partei angewiesen. Jetzt gibt es Widerstand gegen eine solche Koalition.
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen wächst in der CDU der Widerstand gegen eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW). Eine Gruppe von rund 40 CDU-Politikern will den Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei auch auf das BSW ausweiten. Bislang untersagt sich die CDU lediglich eine Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei.
Zu den bekanntesten Vertretern der Gruppe gehört der Bochumer Europaabgeordnete Dennis Radtke, der Ende des Monats die Nachfolge von Karl-Josef Laumann als Chef des Sozialflügels CDA antreten soll. „Ich bin weder Besserwisser noch Besserwessi. Ich möchte vor den Folgen einer formalen Zusammenarbeit mit dieser stalinistischen Kaderpartei warnen“, sagte Radtke unserer Redaktion am Mittwoch.
Eine Neufassung des Unvereinbarkeitsbeschlusses könnte zwar erst beim nächsten Bundesparteitag im Sommer 2025 verabschiedet werden, doch die vielbeachtete BSW-Ablehnung engt schon heute den Bewegungsspielraum der Ost-CDU erheblich ein. In Sachsen und Thüringen können Michael Kretschmer und Mario Voigt ohne die Wagenknecht-Partei keine stabile Regierung bilden. CDU-Chef Friedrich Merz hatte seine Ablehnung gegenüber dem „teils rechtsextrem und teils linksextrem“ eingestellten neuen Bündnis zwar ebenfalls deutlich gemacht, am Ende aber den Landesverbänden freie Hand für Koalitionen gegeben.
Erster Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU wurde 1992 gefasst
Radtke plädiert dagegen für das Konzept Minderheitsregierung, das auch nach den Landtagswahlen in zweieinhalb Wochen in Brandenburg für den dortigen CDU-Spitzenkandidaten Jan Redmann interessant werden könnte. „Ich möchte, dass Michael Kretschmer und Mario Voigt und Jan Redmann Ministerpräsidenten werden, aber es gibt Wege jenseits einer Koalition. Das haben wir selbst in Nordrhein-Westfalen mit Hannelore Kraft schon erlebt“, sagte Radtke.
Der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter sagte dem „Tagesspiegel“, das BSW agiere „als verlängerter Arm des Kreml“. Daraus spricht die in der CDU verbreitete Sorge, dass man in einer Zusammenarbeit mit der russlandfreundlichen Wagenknecht die eigene Haltung zu Waffenlieferungen an die Ukraine oder zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland verwässern könnte.
Für den Europaabgeordneten Radtke scheint es dabei auch um die sehr grundsätzliche Frage zu gehen, für welche EU-Ausrichtung die CDU als Partei Helmut Kohls über den Tag hinaus noch stehen will. Eine Brandmauer, die nach rechts zur AfD bislang steht und nach links immer durchlässiger wird, könnte zum Problem werden. Im Kreis der 40 CDU-Mitglieder wird es als „Treppenwitz der Geschichte“ bezeichnet, dass sich 1992 der erste Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die damalige PDS gerichtet habe und man nun mit dem Überbleibsel gerade dieser SED-Nachfolger regieren wolle.