Berlin. Wer wird Kanzlerkandidat der Union? Koaliert die CDU mit dem BSW? Wem nützt die Asyldebatte? Die Ostwahlen stellen die Weichen für 2025.
Friedrich Merz hat viel erreicht in dieser Woche. Seit dem Anschlag von Solingen treibt der CDU-Chef die Ampel in der Migrationsdebatte vor sich her: Vom Frühstück im Kanzleramt bis zur Zusage von Olaf Scholz für einen gemeinsamen Migrationspakt vergingen nur wenige Stunden. Die Krönung für Merz wäre ein doppelter Wahlsieg für die CDU in Sachsen und Thüringen am Sonntag. Das wird schwer – und: Gelöst wäre damit noch längst nicht alles.
Sachsen und Thüringen: Kommt es zum Bündnis mit dem BSW?
Das Ergebnis der Ostwahlen ist mehr als ein regionaler Stimmungstest. Es kann die nächste Bundestagswahl bestimmen. Für Friedrich Merz geht es am Sonntag deswegen um drei Fragen – alle drei sind K-Fragen. Erstens: die Kanzlerkandidatur. Ist der CDU-Chef auch nach dem Wahlsonntag noch der wahrscheinlichste nächste Kanzlerkandidat der Union? Zweitens: die Koalitionspartner. Muss die CDU in Sachsen oder Thüringen ein Bündnis mit der Wagenknecht-Partei eingehen, um regieren zu können?
Drittens: das Kretschmer-Modell. Ist Sachsens CDU-Regierungschef Michael Kretschmer mit seinem harten Mitte-rechts-Kurs bei Asyl und Migration und seiner umstrittenen Haltung zu Waffenlieferungen erfolgreich – und was heißt das für Merz‘ eigenen Kurs für den Bundestagswahlkampf? Keine der drei Fragen wird am Sonntagabend final beantwortet. Die Wahlen in Sachsen und Thüringen aber stellen die Weichen.
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In Sachsen liegen CDU und AfD in den Umfragen dicht beieinander. CDU-Regierungschef Michael Kretschmer kann auf seinen Amtsbonus hoffen – und sicher auch auf strategische Wähler, denen alles lieber ist als ein AfD-Sieg. Doch gerade dann, wenn Kretschmer das Duell gewinnt, hat Merz möglicherweise ein Problem: Um weiter regieren zu können, braucht Kretschmer Koalitionspartner. Sollten Grüne und SPD ausfallen, bliebe nur das BSW. Ein Bündnis mit einer Partei, die in den Augen der CDU linken und rechten Populismus gefährlich mischt? Für Merz eine Horrorvorstellung.
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In Thüringen ist die Lage nicht leichter. Im Gegenteil: Hier kann es richtig gefährlich werden für die CDU. Hier liegt CDU-Wahlkämpfer Mario Voigt in den Umfragen deutlich hinter AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke, nicht ausgeschlossen ist, dass er sogar nur auf Platz drei landet. Da bislang niemand mit der AfD paktieren will, hätte Voigt als Zweitplatzierter immerhin noch Chancen, Ministerpräsident zu werden. Ob es ihm aber gelingt, eine stabile Regierung zu bilden? Merz droht nicht nur eine neue Debatte um den Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei, sondern vermutlich eine generelle Diskussion um die bröckelnden Brandmauern der CDU. Eine irrlichternde CDU in Thüringen ist jedoch das Letzte, was Merz im Bundestagswahlkampf gebrauchen kann.
Friedrich Merz: Die wichtigste Frage wird nach dem 22. September beantwortet
Die zentrale Karrierefrage für Merz stellt sich jedoch erst nach dem 22. September – wenn auch Brandenburg gewählt hat. Dann wollen Merz und CSU-Chef Markus Söder entscheiden, wer Kanzlerkandidat der Union wird. Aktuell läuft alles auf Merz hinaus. Doch es gibt ein Restrisiko für ihn: Sollten die drei Ostwahlen zu einem Fiasko werden, wird sich Merz fragen lassen müssen, ob er wirklich der Richtige für den Job ist. Und ob es schlau war, in der Woche vor der Wahl alles auf die Migrationskarte zu setzen. Markus Söder jedenfalls betont bei jeder Gelegenheit, dass er übernehmen würde – sollte die CDU ihn bitten.
Merz will sich Zeit mit der Wahlanalyse nehmen. Erst am Montagmittag wird der CDU-Chef in Berlin seine Sicht der Dinge erklären. Söder ist früher unterwegs: Um 10 Uhr steht er auf der Bühne beim Gillamoos-Volksfest. Breitseiten gehören da zum Programm. Offen ist nur, gegen wen sie diesmal gehen.