Berlin. Um illegale Migration einzudämmen, fordert Merz radikale Maßnahmen – etwa die Ausrufung einer „nationalen Notlage“. Was das bedeutet.

Nach der Messerattacke in Solingen fordert CDU-Chef Friedrich Merz umfassende Maßnahmen zur Eindämmung illegaler Migration. „Wir müssen den Zuzug an den und über die deutschen Staatsgrenzen steuern und begrenzen“, so Merz nach einem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Nach den europäischen Regeln der Dublin-Verordnungen sei geregelt, dass der Asylantrag in Europa in dem Land des Erstzutritts gestellt werden müsse. Deswegen könnten Migranten an deutschen Grenzen eigentlich zurückgewiesen werden. Sollte das aus europarechtlichen Gründen nicht gehen, bringt er eine „nationale Notlage“ ins Spiel. Doch was bedeutet das?

Flüchtlingskrise: Was passiert in einer „nationalen Notlage“?

Wird in Deutschland eine „nationale Notlage“ ausgerufen, wird das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland über das europäische Recht gestellt. Im Klartext bedeutet das, dass Deutschland eigenständig Gesetzesänderungen vornehmen darf, um die Asylkrise zu bewältigen – und zwar auch, wenn die Regelungen im Widerspruch zum EU-Recht stünden.

Somit könnte das EU-Recht umgangen und eine Zurückweisung von Migranten erreicht werden, die zuerst in ein anderes EU-Land eingereist sind. Konkret würde die Erklärung einer „nationalen Notlage“ also bedeuten, dass Deutschland seine Grenzen dichtmacht.

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„Nationale Notlage“ in Deutschland: Das sind die Voraussetzungen

Zu beachten ist, dass der Ausruf einer „nationalen Notlage“ nur erfolgen kann, wenn sich Regierung und Parlament einig sind. Der Europäischen Kommission muss zudem begründet werden, warum die Asylkrise in Deutschland die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Wird der Ausruf gebilligt, müssen nationale Regelungen zur Zurückweisung an den Außengrenzen auf den Weg gebracht werden.

Besonders interessant: „Notlage“ sei streng genommen kein Begriff des deutschen Verfassungsrechts, wie der Staatsrechtler Paul Kirchhof gegenüber „Bild“ erklärt: „Friedrich Merz beruft sich wohl auf Art. 78 AEUV. Dieser erlaubt es dem Europäischen Rat, auf Vorschlag der Kommission vorläufige Maßnahmen für einen Mitgliedstaat zu erlassen, der aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in eine Notlage geraten ist.“

Der Clou an der Sache sei allerdings, dass diese Vorschrift nur zu Schutzmaßnahmen für einen einzelnen Mitgliedstaat befugt. „Mit dem Begriff der Notlage werden nach dem Grundgesetz aber keine neuen Gesetzgebungsmöglichkeiten geöffnet“, so Kirchhof. Im Grundgesetz selbst gebe es die „Notlage“ nur als Haushaltsnotlage.

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