Berlin. Einst sorgte Sarrazin für Ärger mit markigen Thesen zur Zuwanderung. Nun legt er nach und nutzt das Attentat von Solingen für eine Rundumkritik.
Mit der Veröffentlichung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ im Jahr 2010 hat sich Thilo Sarrazin in den öffentlichen Diskurs befördert. 1,6 Millionen mal wurde das Werk verkauft, in dem der ehemalige SPD-Politiker die Auswirkungen der Zuwanderung auf die demografische Entwicklung und das Bildungssystem analysiert hat. Seine Thesen waren so markig, dass die SPD ihn nach einem langen Verfahren aus der Partei geworfen hat. 14 Jahre später legt er mit seinem neuen Buch „Deutschland auf der schiefen Bahn“ nach. Bei seinen Themen ist er geblieben: Migration, Sozialpolitik, Bildung. Die Vorstellung des Buches nutzte er nun für einen Rundumschlag gegen die etablierte Politik. Außerdem offenbarte er seine Haltung zur AfD.
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Solingen: Ob Messerverbotszonen nötig sind? Bringen nichts, sagt Sarrazin
Von der Debatte um Messerverbotszonen hält er wenig. „Es helfen auch keine Messerverbotszonen, wenn man die Männer nicht vorher auf ihre Mentalität geprüft hat, die die Messer führen“, sagt der 79-Jährige zu dem Anschlag in Solingen. Er habe als elfjähriger Pfadfinder stolz eine lange Klinge mit sich geführt, mit der er kein Unheil angerichtet habe. Noch weniger hält er davon, was Bundeskanzler Olaf Scholz, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach dem Solingen-Attentat erklärten. Die Bekenntnisse sagten nichts aus, so Sarrazin. „Danach wird sich nichts ändern.“
Wie schon vor Jahren kritisiert Sarrazin die Flüchtlingspolitik. Eine strikte Zuwanderungsbegrenzung und ein anderer Umgang mit Abschiebungen seien die richtigen Ansätze. Vorbild ist für ihn die knallharte Asylpolitik Dänemarks: „Wir müssen uns mental anders zu Abschiebungen positionieren. Dänemark zeigt dabei einen klaren Weg.“ Auch an Japan, Südkorea und Singapur solle man sich ein Beispiel nehmen, da werde schärfer aussortiert.
Deutschlands Zukunft sieht „rabenschwarz“ aus
Und dann gibt er sich frustriert. „Ich habe einen begrenzten Zukunftsoptimismus“, sagte er. Von seinen „Verbesserungsvorschlägen“ aus dem Jahr 2010 sei nahezu nichts umgesetzt worden. Die Lage sei schlimmer denn je, so der ehemalige Berliner Finanzsenator.
Schließlich erklärt er seine Haltung zur AfD, aber erst, nachdem er aus dem Publikum dazu befragt wurde. Ob sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ das Fundament der in weiten Teilen rechtsextremen Partei sei. Dazu erklärte er nur: Für den Aufstieg der AfD, sagte er, „ist Angela Merkel verantwortlich“. Und setzt hinterher: „Ich wünsche mir, dass die SPD die Ostwahlen krachend verliert.“ Wofür? „Für den Machtwechsel“.