Berlin. Die Bundesregierung will die Freibeträge zur Rente für Hinterbliebene deutlich anheben. So will sie die Anreize für mehr Arbeit erhöhen.

Wenn von Witwen und Witwern die Rede ist, denken viele Menschen vor allem an Senioren im Rentenalter. Doch auch Jüngere bleiben von Schicksalsschlägen wie dem Tod des Partners nicht verschont. Rund 656.000 Hinterbliebene waren im vergangenen Jahr noch im erwerbsfähigen Alter, also zwischen 20 und 64 Jahre alt. Das ist zwar nur ein kleiner Teil der 5,5 Millionen Empfänger von Hinterbliebenenrenten. Doch die Bundesregierung erhofft sich von dieser Gruppe nun einen Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

„Viele vor allem jüngere Beziehende einer Hinterbliebenenrente wollen einer Erwerbstätigkeit nachgehen“, stellt die Bundesregierung in ihrer Wachstumsinitiative fest, die in dieser Woche vom Kabinett beschlossen wird. Die geltende Regelung mache das Arbeiten jedoch vergleichsweise unattraktiv, heißt es dort weiter. Daher soll Witwen und Witwern ein stärkerer Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit oder zu mehr Arbeit gesetzt werden. Geplant ist eine Anhebung des Freibetrags bei Löhnen und Gehältern.

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Die geltende Regelung sieht einen Freibetrag von 1038 Euro vor. Von darüber hinaus gehenden Einkünften werden 40 Prozent auf die Hinterbliebenenrente angerechnet. Es lohnt sich daher kaum, viel mehr zu verdienen. Diesen Freibetrag will die Ampel um 545 Euro erhöhen. Es können dann also 1583 Euro netto verdient werden, bevor die Rentenanrechnung einsetzt. Pro Kind kommen noch einmal 220 Euro dazu. 

Arbeitende Partner von Verstorbenen haben die Aussicht auf deutlich mehr Geld. Denn es gab in diesem Juli bereits eine erste Anhebung des Freibetrags von zuvor 992 Euro auf nun 1038 Euro. Die Obergrenze verschiebt sich mit jeder Rentenanpassung entsprechend nach oben. So war es auch in diesem Juli. Wann die zweite Steigerung kommt, ist offen. Die Pläne der Ampel muss der Bundestag im Herbst erst noch absegnen. 

Beispiele: Mehr auf dem Konto

Die konkreten Auswirkungen lassen sich an einem fiktiven Beispiel darstellen. Frau Müller verdient in ihrem Job 1400 Euro netto. Damit übersteigt ihr Einkommen den geltenden Freibetrag um 362 Euro. Davon werden 40 Prozent, also 144,80 Euro, auf ihre Witwenrente angerechnet. Sie gehen Frau Müller praktisch verloren. Mit der geplanten Erhöhung steigt der Freibetrag auf 1583 Euro und liegt damit oberhalb ihres Nettolohnes. Sie kann das Arbeitsentgelt und die gesamte Rente einnehmen. Ihr verfügbares Einkommen steigt um 144,80 Euro.

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Ebenso profitiert auch die alleinerziehende Witwe Frau Harms. Sie erhält nur eine geringe Hinterbliebenenrente von 400 Euro und verdient 1600 Euro netto im Monat. Nach geltendem Recht kann sie einen Freibetrag von 1258 Euro für sich und ihr Kind geltend machen. Ihr Lohn liegt 342 Euro darüber. 40 Prozent dieses Betrags werden auf die Rente angerechnet. Sie wird um 136,80 Euro gekürzt. Künftig entfällt diese Kürzung, weil ihr Freibetrag mit dem für das Kind auf 1803 Euro anwächst und somit oberhalb ihres Arbeitseinkommens liegt.

Komplizierte Details

Die beiden Beispielrechnungen sind hier bewusst einfach gestaltet. In der Praxis könnten sie deutlich komplizierter ausfallen, da nicht nur Erwerbseinkünfte auf die Hinterbliebenenrente angerechnet werden. Auch Kapitalerträge oder Mieteinnahmen berücksichtigt die Rentenversicherung bei ihren Berechnungen. Nur die staatlich geförderte Altersvorsorge, die Riester-Rente, oder das Arbeitslosengeld II sowie die Grundsicherung bleiben außen vor.

Entscheidend sind die Nettoeinkünfte der Hinterbliebenen. Die stellt die Rentenversicherung auf einfache Weise fest. Vom Bruttolohn zieht sie pauschal 40 Prozent für Steuern und Abgaben ab. Unter dem Strich steht dann ein angenommener Nettolohn. Erhalten Hinterbliebene bereits selbst eine Altersrente, werden davon 14 Prozent für die Nettoberechnung abgezogen, bei einem Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2011 sind es nur 13 Prozent. Sonderzahlungen wie das Weihnachts- oder Urlaubsgeld, auch Einmaleinkünfte etwa aus einer Lebensversicherung, werden auf die zwölf Monate eines Jahres verteilt, erhöhen also das monatliche Nettoeinkommen.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat die kostenlose Service-Nummer 0800 1000 4800 eingerichtet, über die Fragen zu den Auswirkungen eines eigenen Einkommens geklärt werden können. Im Internet hält die DRV unter der Adresse www.drv-bund.de zudem Broschüren zum Herunterladen bereit, in der alle rechtlichen Fragen rund um die Hinterbliebenenrenten erklärt werden. 

Auch Waisen erhalten eine Rente

Immerhin müssen sich Witwer und Witwen nicht unmittelbar nach dem Tod ihres Partners um derlei komplexe Fragen kümmern. In den ersten drei Monaten nach dem Schicksalsschlag entfällt die Anrechnung von zu hohen Verdiensten. Denn zunächst muss ja erst der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente geklärt werden. Hier gelten recht unterschiedliche Regeln. So spielen beispielsweise das Jahr der Eheschließung oder die Verteilung auf mehrere frühere Partnerinnen oder Partner eine Rolle. Auch Halb- und Vollwaisen können die Rente beantragen, ebenso die Partner in eingetragenen Lebensgemeinschaften.