Düsseldorf. Der Konjunkturbericht sagt für NRW wirtschaftliche Erholung voraus - doch die kommt nicht überall gleich an. Das sagen die Experten.

NRW scheint die tiefe wirtschaftliche Talsohle allmählich zu durchschreiten. „Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass es Rückschläge gibt: Das Wachstum festigt sich“, sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) am Donnerstag bei Vorlage des neuen Konjunkturberichts.

Für das laufende Jahr rechnet das RWI-Wirtschaftsinstitut mit einem Wachstum von 0,5 Prozent und bekräftigt seine ursprünglich eher optimistische Prognose für 2024. Damit entwickelt sich die Wirtschaft in NRW erstmals wieder leicht besser als im Bundesschnitt (+0,4 Prozent). Zuletzt war das in der Corona-Krise gelungen, als andere, exportabhängigere Bundesländer noch stärker gelitten hatten als die Betriebe an Rhein und Ruhr. Für das kommende Jahr 2025 sieht das RWI in Bund und Land gleichermaßen einen kräftigen Zuwachs von 1,5 Prozent.

Neubaur betonte, dass sich der NRW-Arbeitsmarkt in der Krise „erfreulich robust“ gezeigt habe. Es seien nicht nur 25.000 zusätzliche Jobs in diesem Jahr entstanden. Auch die Integration von Flüchtlingen in Jobs klappt offenbar besser, als die öffentliche Asyl-Debatte zuletzt vermuten ließ. Rund 54.000 Menschen aus der Ukraine und den Asylherkunftsländern hätten seit Kriegsbeginn zusätzlich Arbeit gefunden.

NRW-Konjunktur: Aufschwung kommt nicht überall gleich an

Ralf Stoffels, Präsident der IHK in NRW, äußerte sich auffällig defensiver als die Wirtschaftsministerin. „Bei uns in der Industrie ist der Optimismus noch sehr vorsichtig“, sagte Stoffels. Man stelle bei der Geschäftsbewertung in den Unternehmen des produzierenden Gewerbes „eher eine Seitwärtsbewegung auf niedrigem Niveau“ fest.

Professor Torsten Schmidt, Konjunkturexperte des RWI, räumte ein, dass die wirtschaftliche Erholung nicht überall gleich spürbar werde. Unter den hohen Energiepreisen in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hatte vor allem die energieintensive Industrie in gelitten. Dort habe es zwar einen Erholungseffekt im ersten Quartal gegeben, so dass die meisten Belastungen der vergangenen Jahre wohl überwunden werden konnten. „Dass die alten Produktionsniveaus schnell wieder erreicht werden, ist allerdings nicht zu erwarten“, stellte Schmidt klar. Und: Wenn es nicht gelinge, verlässliche Rahmenbedingungen und eine sichere bezahlbare Energieversorgung zu schaffen, gehe Beschäftigung in der Produktion verloren. Zuletzt hatten große NRW-Konzerne wie Ford, Covestro oder Bayer Stellenabbau angekündigt, was die Stimmung insgesamt drückte.

Hoffnungen ruhen auf dem Dienstleistungsbereich und dem privaten Konsum. Noch halten sich die Kunden mit größeren Anschaffungen zurück, obwohl sie nach hohen Tarifabschlüssen und einer normalisierten Inflation real eigentlich wieder mehr Geld in der Tasche haben. Es wird erwartet, dass hier die Ausgabenfreude bald wachsen könnte.