Jerusalem. .

Pessimisten haben im Nahen Osten wieder Recht behalten: Die mit Pomp gestartete Friedensinitiative der USA ist nach nur drei Monaten gescheitert. Die Palästinenser setzen ihre Hoffnungen jetzt auf den Rest der Welt.

Erst vor drei Monaten waren in Washington mit viel Pomp direkte Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern eingeläutet worden. Seit Ende September versuchten die USA Israel zu bewegen, einen zehnmonatigen Baustopp im Westjordanland, den Premier Benjamin Netanjahu als vertrauensbildende Maßnahme verhängt hatte, für drei Monate zu verlängern. In dieser Zeit hätten beide Seiten sich auf den Grenzverlauf einigen und so die Frage des Siedlungsbaus umgehen sollen. Doch Philip Crowley, Sprecher des State Department, erklärte diesen Ansatz nun für gescheitert: „Wir kamen zu dem Schluss, dass [solch ein Baustopp] nicht die beste Grundlage für die Wiederaufnahme direkter Gespräche bietet“, sagte er. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak hatte bereits am Tag zuvor erklärt, dass Washington alle Gespräche über einen Siedlungsbaustopp eingestellt habe.

Totaler Zusammenbruch – das ist der Eindruck

Die EU und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerten sich enttäuscht über Israels Weigerung, den Baustopp zu verlängern. Offizielle Sprecher in den USA wollten den Eindruck eines totalen Zusammenbruchs des Friedensprozesses jedoch vermeiden. „Wir werden weiterhin versuchen, Vertrauen zu schaffen, um beiden Seiten zu ermöglichen, wieder direkt miteinander zu verhandeln“, sagte Crowley. Ob und wie Verhandlungen fortgeführt werden sollen, weiß in Nahost jedoch noch niemand.

Ehud Barak und der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat werden am Wochenende getrennt in Washington zu Gesprächen erwartet, die alle Optionen ausloten sollen. Ferner soll der US-Sondergesandte George Mitchell ab kommender Woche erneut den Nahen Osten bereisen. Quellen in Washington deuteten auf eine Wiederaufnahme indirekter Verhandlungen über die Kernfragen des Nahostkonflikts hin. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas lehnte gestern erneut direkte Gespräche mit Israel ab, solange weiter in Siedlungen im Westjordanland oder in Ost-Jerusalem gebaut wird.

Siedler-Chef Danny Dayan frohlockt

Siedlernahe Kreise in Jerusalem waren über das Scheitern der Gespräche erfreut: „Israel hat Amerikas bizarre Forderungen zurückgewiesen, und der Himmel ist uns nicht auf den Kopf gefallen“, frohlockte der Vorsitzende des Siedlerrats Danny Dayan. Auch im Umkreis des Premiers schlug man nicht Alarm: „Der Mechanismus der Verhandlungen, der sich nur um die nebensächliche Siedlungsfrage drehte, war falsch“, sagte ein Berater Netanjahus. „Wir sind bereit, alle schwierigen Themen zu besprechen und historische Kompromisse zu machen. Aber dafür müssen die Palästinenser an den Tisch kommen.“

In Ramallah hingegen herrschte Krisenstimmung. Palästinenser sprachen von einem deutlichen Vertrauensverlust gegenüber den USA: „Wenn sie noch nicht einmal zu einer Einstellung des Siedlungsbaus führen können, um Gespräche zu ermöglichen, wie können sie dann Israel dazu bringen, ein faires Abkommen anzunehmen?“, fragte Jasser Abed Rabo, ein Berater von Präsident Mahmud Abbas.

Argentinien und Brasilien erkannten den Palästinenserstaat an

Palästinenser setzen inzwischen zunehmend auf die Staatengemeinschaft, um den diplomatischen Engpass zu überwinden. Diese Woche erkannten Argentinien und Brasilien einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 an. Uruguay versprach, es ihnen 2011 nachzutun. Erekat forderte die USA zu ähnlichen Schritten auf, Präsident Abbas forderte von der EU mehr Engagement. Israel und Washington rea­gierten gereizt auf den neuen Kurs: „Die Palästinenser müssen letztlich nicht neben Brasilien, sondern neben uns leben. Sie sollten deswegen direkt mit uns verhandeln“, hieß es im Amt des Premiers in Jerusalem.