Düsseldorf.. Zwei Bundestagskandidaten und der politische Geschäftsführer der NRW-Piratenpartei ziehen Konsequenzen aus der Mauschelei beim Aufstellen der Landesliste. Eigentlich könnte jetzt Ruhe einkehren in die Partei. Aber es geht sofort weiter.
Im Piraten-Netz kursierte längst das ganze Dilemma, bevor es der Landesvorstand Stunden später öffentlich machte. „Piraten stehen zu ihren Grundsätzen“, war die offizielle Erklärung überschrieben, doch der Inhalt war weit weniger harmlos. Nach dem Aufruhr in der NRW-Partei über ein unter der Decke gehaltenes Rechtsgutachten zogen zwei Vorstandsmitglieder, darunter Landeschef Sven Sladek, ihre Kandidatur für den Bundestag zurück. Alexander Reintzsch, politischer Geschäftsführer, erklärte zudem seinen Austritt aus der Partei. Das Piratenschiff ist leckgeschlagen.
Während die Parteispitze um Schadensbegrenzung bemüht war, rechnete Reintzsch mit seinen partei-internen Widersachern ab. „Politik ist ein dreckiges Geschäft“, kommentierte er die „vielen Halbwahrheiten und Unterstellungen“, die im größten Landesverband über ihn verbreitet worden seien. Und gab der zurückgelassenen Crew noch mit auf den Weg: „Hört endlich damit auf, denen das Leben schwer zu machen, die sich für Euch den Arsch aufreißen.“
Geschäftsführer Reintzsch im Zentrum der Kritik
Vor allem Software-Entwickler Reintzsch hatten die Piraten als Auslöser für den Eklat um ihre Bundestagsliste ausgemacht. Er habe, so ihr Vorwurf, nicht nur die Einladungen zum Parteitag im Januar zu spät verschickt, sondern maßgeblich das vom Vorstand bestellte Gutachten zurückgehalten, das eine Verschiebung der Versammlung empfahl. Dass er die Expertise dann doch veröffentlichte, kurz nachdem die Einspruchsfrist abgelaufen war, bestätigt Co-Piraten in ihrem Verdacht, er habe seinen Listenplatz nicht gefährden wollen.
Vergleichsweise bußfertige Töne schlug Parteichef Sladek an, der gegen sich selbst ein Ordnungsverfahren beim Bundesvorstand beantragt hat. „Ich fühle mich derzeit von Tag zu Tag elender“, schrieb er, und: „Schlussendlich haben wir in Gänze versagt.“ Als Vorsitzender trage er die politische Verantwortung, so Sladek. Beim Wahlparteitag Ende April in Bottrop will er nicht mehr für den Vorsitz kandidieren.
Veröffentlichen – egal, was drin steht
Landesschatzmeisterin Stephanie Nöther, die wie Sladek auf ihre Bundestagskandidatur verzichtet, entschuldigte sich ausdrücklich bei ihrer Partei. „Ich habe das vergessen, was mir in unserer Partei am wichtigsten war“, begründete sie ihren Entschluss – und gemeint war Transparenz. Das brisante Gutachten, schrieb sie, hätte sofort veröffentlicht werden sollen – „egal, was drin steht“.
Aber nicht alle Piraten konnte dieser Schritt überzeugen. Er komme zu spät und habe allenfalls „symbolischen Wert“, hieß es, weil Sladek und Nöther die ohnehin aussichtslosen Listenplätze 19 und 23 besetzt hätten. Nach einer Faustformel brächten die Piraten bei einem Wahlergebnis von fünf Prozent aber nur acht Abgeordnete aus NRW in den Bundestag. Ohnehin muss noch begutachtet werden, ob die Kandidatenliste rechtlich wasserdicht ist. Für den Parteitag gibt es inzwischen einen Antrag mit dem Ziel, die Aufstellungsversammlung zu wiederholen.
Der Fraktionschef ist ebenfalls angeschlagen
Zu jenen, die am Freitag die Parole ausgaben, „wieder nach vorn zu schauen“, gehört auch Landtagsfraktionschef Joachim Paul. Aber auch für ihn könnte es bald eng werden. Paul steht unter Druck. Kritiker werfen ihm vor, Fehler bei der Vorbereitung der Abstimmung über den Landeshaushalt gemacht zu haben. Teile der Fraktion fühlen sich übergangen. Für die Neuwahl der Fraktionsspitze im Mai hat Ex-Parteichef Michele Marsching seine Kandidatur in Aussicht gestellt. Auch eine „Manöverkritik“, hat er bereits angekündigt, sein nun fällig.