Essen/Münster. Die Erstklässler fiebern ihrem ersten Schultag entgegen. Aber noch aufgeregter als die Kleinen sind die Großen. Viele Eltern haben Bammel davor.
Es ist einer der wichtigsten Tage im Leben eines Kindes: die Einschulung. Rixa Borns war lange Grundschulleiterin in Münster und ist Vorsitzende der Fachgruppe Grundschule bei der nordrhein-westfälischen Lehrergewerkschaft (GEW). Ihr Ziel: "Alle Kinder sollen sich auf die Schule freuen und keine Angst vor dem sogenannten Ernst des Lebens entwickeln."
Neugier und Freude am Lernen zu wecken seien die wichtigsten Aufgaben von Eltern und Lehrern. Andererseits: In der Schule gelten Regeln. Im Gegensatz zur unbeschwerten Zeit im Kindergarten steht Lernen nun mehr im Fokus als Spielen. Doch wenn die Eltern ein paar Tipps beherzigen, steht einem guten Schulstart nichts im Weg.
Was sollte ein Kind schon bei der Einschulung können?
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Vor einigen Jahren konnten die I-Dötzchen schon bis zehn zählen und den eigenen Namen schreiben. Diese Zeiten sind vorbei. "Wir haben Kinder, die wissen nicht, was ein Buchstabe ist, andere können schon ganze Texte lesen", sagt Rixa Borns. Daher sei es eine zentrale Aufgabe der Schule, Kindern das klassische Rechnen, Schreiben, Lesen in ihrem eigenen Tempo beizubringen. Wichtiger ist beim Schulbeginn, wie sich die Kinder in der Gruppe verhalten. "Gewisse Regeln des Zusammenlebens kennen die meisten Erstklässler aus dem Kindergarten", hat Rixa Borns beobachtet.
Was sind Fettnäpfchen für Eltern?
Bangemachen gilt nicht: Kinder sollen sich auf die Schule freuen. Sätze wie: "Ach, ich fand Schule früher gar nicht so schlimm", sind tabu – sie suggerieren nämlich, dass man Schule auch schlimm finden kann. Ist die adrenalinlastige Einschulung überstanden, müssen Eltern den frisch gebackenen Schulkindern helfen, selbstständig zu werden. Das fällt den vielen Eltern schwer – sie kippen ins Extreme: "Manche Eltern kümmern sich gar nicht, andere können nicht loslassen", sagt Rixa Borns. Denn wer es zu gut meint, tut dem Kind keinen Gefallen. Den Tornister zum Beispiel sollten Eltern nie selbst packen. "Die Kinder müssen die Sachen in der Schule ja auch selbst auspacken. Dann sollten sie wissen, was ein gelber Schnellhefter ist und wo sie ihn finden", erklärt Rixa Borns. Das funktioniert nicht, wenn Mama dem Schützling alles abnimmt.
Stichwort Tornister: Da können Eltern doch viel falsch machen, oder?
Ob rosa Glitzer, schleimige Aliens oder ein klassisches Modell: In punkto Optik gilt es, einen Kompromiss mit dem Nachwuchs zu schließen. Die Maße und Normen für einen guten Ranzen hingegen sind eindeutig: Fachleute empfehlen vier Zentimeter breite Schultergurte, dazu viele Reflektoren und Leuchtstreifen. Es gibt sogar einen Ranzen-TÜV (DIN 58124) - und einfache Tests: Auch wenn sie leer ist, sollte die Schultasche stabil stehen. Sonst verteilt sich das Gewicht ungünstig. Übrigens: Mit einem mitwachsenden Schreibtisch tun Eltern ebenfalls Gutes für die Gesundheit der Kleinen. Und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät, bestimmte Impfungen wie Diphterie und Tetanus noch vor dem Schulstart auffrischen zu lassen.
Der Schulweg: zu Fuß oder mit dem Auto, mit oder ohne Eltern?
Kinder und Eltern fühlen sich sicherer, wenn sie den Weg noch vor der Einschulung gemeinsam geübt haben. Denn mit dem Schulanfang werden Kinder oft auch Verkehrsanfänger. "Sie sind meist gespannt auf ihre neue Schule und den Weg dorthin", sagt Heinz Hardt, Ehrenpräsident der Landesverkehrswacht NRW. Er rät Eltern, den sichersten Weg zu suchen (nicht den kürzesten!), ihn mehrfach mit dem Kind zu üben und wichtige Verkehrstipps zu geben. Alle Erstklässler sollten wissen, dass sie an der Bordsteinkante stehen bleiben und auch bei grüner Ampel oder an Zebrastreifen nicht gleich loslaufen, sondern sich vorher nach beiden Seiten umsehen.
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Wann gehört ein Grundschulkind ins Bett?
Kinderärzte empfehlen, Grundschulkinder um acht Uhr abends ins Bett zu bringen. Dann bekommen sie genug Schlaf, um am nächsten Morgen fit in die Schule zu kommen. "Dafür sollten sie zudem rechtzeitig zu Hause aufbrechen", ergänzt Rixa Borns. Die Grundschul-Expertin legt Wert auf Pünktlichkeit. "Viele Schulen fangen zwar mit einer offenen Phase an und nicht sofort mit dem Unterricht", sagt sie. "Aber dass ein Kind 20 Minuten zu spät kommt, weil Mama auch nicht aufstehen wollte - das geht nicht." Am besten stehen Eltern rechtzeitig vor den Kindern auf, denn Hektik am Morgen schadet Jung und Alt. Genauso wichtig wie genügend Schlaf ist übrigens das gesunde Frühstück vor dem Start in den Schultag.
In die Schultüte darf doch etwas Süßes, oder etwa nicht?
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Süßigkeiten in der Schultüte gehören dazu. Das meint auch Rixa Borns. "Auch wenn wir dafür sind, dass Kinder möglichst viel Gesundes essen", sagt sie schmunzelnd. Ideal sei in der Schultüte ein Mix aus praktischen Geschenken und kleinen Freuden für den Schulanfänger. "Ob das ein Kuscheltier ist oder ein Gutschein fürs Schwimmbad, hängt natürlich von jedem einzelnen Kind ab." Erste Hinweise für Praktisches wie Buntstifte, einen Malkasten oder Sportzeug geben die Materiallisten, die fast jede Schule vor dem ersten Tag ausgibt.
Und wie feiern Familien die Einschulung richtig?
In manchen Familien wird die Einschulung zur regelrechten Party mit allen Verwandten, Geschwistern, Paten und Freuden – andere feiern den Tag mi kleinem Kreis. Aber Anlass zur Freude ist der große Tag in jedem Fall. Deswegen können Eltern sich am besten zurücklehnen, um nicht zu viele der eigenen Ängste auf das Kind zu übertragen. Denn, sagt Rixa Brons: "Immerhin geht das Kind zur Schule - und nicht die Eltern."
Was können Eltern nach dem Einschulungstag noch tun?
Hier gilt: Weniger ist mehr. Einerseits aus praktischen Gründen: Wenn Papa Plus und Minus anders erklärt als die Klassenlehrerin, verwirrt das mehr als es hilft. Andererseits reagieren Kinder schnell genervt, wenn die Eltern ständig bohren. "Wenn ein Schüler im Unterricht nicht mitkommt, sollten die Eltern mit den Lehrern absprechen, wie sie am besten helfen können", empfiehlt Rixa Borns. Ansonsten sei es immer sinnvoll, Interesse zu zeigen. "Was macht ihr denn gerade so, zeig mal, erzähl mir mehr davon - dieser Ton funktioniert oft am besten", weiß die erfahrene Pädagogin Borns. Zudem empfiehlt sie Müttern und Vätern, Hand in Hand mit der Schule zu arbeiten, Feiern und Elternabende zu besuchen. Übrigens: An Elternsprechtagen auch die Nebenfach-Lehrer mit einem Besuch beehren. Wer weiß, welches Fach sie im nächsten Schuljahr unterrichten?
Wie viel Freizeit brauchen Kinder neben der Schule?
Grundschullehrer haben die Maßgabe, nicht mehr Hausaufgaben zu geben, als die Schüler in einer halben Stunde erledigen können. "Das genügt", betont Rixa Borns. "Wenn wir Erwachsenen acht Stunden gearbeitet haben, wollen wir keinen weiteren Druck mehr. Das ist bei Kindern genauso." Nach einem langen Schultag bräuchten Kinder Zeit zum Spielen und Abschalten, erklärt die Grundschulleiterin. Eltern sollten zwar abfragen, ob alle Schulaufgaben erledigt seien. "Aber wenn sich das Gespräch während des ganzen Abendessens nur um die Schule dreht, entsteht zu viel Druck", sagt Rixa Borns.
Was tun, wenn das Kind zum Außenseiter wird?
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Der richtige Kleidungsstil und ein angesagter Ranzen werden immer wichtiger - nicht erst in der Grundschule. Schon im Kindergarten lernen Kinder heute derartigen sozialen Druck kennen. Aber: "Gerade am Anfang wollen wir den Schülern beibringen, dass auch jemand ohne Markenklamotten nett sein kann", sagt Rixa Borns. In entspannter Atmosphäre lernt es sich leichter als im Konkurrenzkampf. Eine Outfit-Empfehlung für den ersten Schultag möchte die GEW-Expertin nicht geben. "Da dürfen manche Kinder schon viel selbst entscheiden, andere sind noch nicht so weit", sagt sie. In den meisten Fällen können Eltern darauf vertrauen, dass die Kinder ihre Probleme souveräner lösen, als sie denken. "Auch wenn ein Kind anfangs noch viel nach Mama jammert, gibt sich diese Umstellungsphase meistens schnell", sagt Rixa Borns. Wenn Eltern tatsächlich Veränderungen bemerken oder sich ernsthafte Sorgen machen, empfiehlt sie ein Gespräch mit der Klassenleitung: "Auch Lehrer merken, wenn zu Hause etwas nicht in Ordnung ist. Da sind offene Gespräche besonders wichtig."