Berlin. .

Die deutschen Schüler haben in der neuen Pisa-Studie offenbar nur geringe Fortschritte erzielt. Nach ersten Berichten liegt Deutschland in der Vergleichsstudie nur im Mittelfeld. Die Opposition macht Bildungsministerin Annette Schavan dafür verantwortlich.

Noch vor der offiziellen Veröffentlichung der neuen Pisa-Studie regt sich Unmut über die geringen Fortschritte Deutschlands bei dem internationalen Bildungsvergleich. Linke und Grüne beklagten am Montag, an den mangelnden Bildungschancen für sozial schwache Kinder habe sich kaum etwas getan. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hielt dagegen, Deutschland habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Es gebe aber noch viel zu tun. Schavan kündigte ein Bundesprogramm zur Leseförderung an. Hier schwächeln die deutschen Schüler bislang.

Die neue Pisa-Studie von 2009 wird am Dienstag in Berlin vorgestellt. Für die internationale Untersuchung analysiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Leistungen von Schülern im Alter von 15 Jahren. Forscher erstellen die Studie seit 2000 in einem Rhythmus von drei Jahren. Für die neue Untersuchung wurden rund 470.000 Schüler in 65 Ländern getestet - darunter alle 34 OECD-Länder. In Deutschland beteiligten sich rund 5.000 Jugendliche an 223 Schulen.

Im Ranking holen deutsche Schüler nur langsam auf

Bereits vor der offiziellen Veröffentlichung der Studie wurde ein erster Trend bekannt. Die deutschen Schüler holen bei dem internationalen Ranking demnach langsam auf. Die neue Pisa-Studie bescheinigt Deutschland deutliche Fortschritte gegenüber der ersten Untersuchung aus dem Jahr 2000. Damals hatten die 15-Jährigen im Land extrem schlecht abgeschnitten. Ihre Leistungen lagen in allen abgefragten Testfeldern deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Etwa 20 Prozent der 15-Jährigen konnten nur auf Grundschulniveau lesen und rechnen. Und: In kaum einem anderen Land hing die Leistung der Schüler so stark von ihrer sozialen Herkunft ab wie hier. Bei den Folgeuntersuchungen war Deutschland ins Mittelfeld aufgerückt.

Bei der jüngsten Studie von 2009 haben sich die Jugendlichen in Mathematik und Naturwissenschaften nun erneut verbessert, beim Lesen sind die Fortschritte geringer. Auch die Chancenungleichheit je nach sozialer Herkunft ist weiter ein Problem. Die konkreten Resultate stellt die OECD am Dienstag vor.

„Wieder schneidet das deutsche Bildungssystem nicht gut ab“

Die Linke-Bildungspolitikerin Rosemarie Hein beklagte, mit Pisa 2009 komme „wieder eine internationale Vergleichsstudie, bei der das deutsche Bildungssystem nicht gut abschneidet“. Die Bundesregierung habe bei der Bildung versagt. Der Bildungserfolg hänge in keinem anderen Land so stark von der sozialen Herkunft ab wie in Deutschland. „Von Chancengleichheit in der Bildung kann keine Rede sein“, kritisierte sie, „viel hat sich in den letzten Jahren nicht getan.“

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, falls sich Deutschland tatsächlich verbessert haben sollte, sei dies zwar erfreulich. „Es reicht aber nicht aus, dass wir in der internationalen Bildungsrangliste ein paar Plätze nach oben klettern“, betonte er. Die herkunftsbedingte Schere zwischen leistungsstärkeren und schwächeren Schülern sei nach wie vor zu groß.

Auch FDP-Parteivize Cornelia Pieper beklagte den starke Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg. „Dieser Zustand ist unhaltbar“, sagte sie.

Schavan wertet die Entwicklung positiv

Schavan wertete die bisherige Entwicklung dagegen positiv. Zehn Jahre Pisa-Studien hätten „dem deutschen Bildungssystem gut getan“. Deutschland sei im internationalen Vergleich stärker geworden und die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche hätten sich deutlich verbessert. Dies könne jedoch nur eine Zwischenbilanz sein. Das Bildungssystem müsse in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden.

Die Ministerin stellte ein neues Bundesprogramm zur Leseförderung in Aussicht. Kinder sollen dabei in ihren ersten sechs Lebensjahren mehrfach „Lesestart“-Sets bekommen - mit Büchern und Vorlesetipps für Eltern. Beim ersten Mal - wenn die Kinder ein Jahr alt sind - soll der Kinderarzt das Paket bei der verpflichtenden Vorsorgeuntersuchung übergeben. Beim zweiten Mal - im Alter von drei Jahren - sollen die Kinder und deren Eltern das Set in der öffentlichen Bibliothek bekommen und zuletzt bei der Einschulung. Das Programm soll 2011 starten und über mehrere Jahre laufen. Die Kosten von rund 26 Millionen Euro trägt der Bund. Schavan sagte, das Lesen müsse einen höheren Stellenwert bekommen - auch außerhalb der Schule. (dapd)