Düsseldorf. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp, gleichzeitig stehen viele Wohnungen grundlos leer. Das müsste aus Sicht des Mieterbunds landesweit verboten werden.
Flüchtlinge und Mieter mit geringem Einkommen brauchen bezahlbaren Wohnraum. Dass der zumindest im Ruhrgebiet ausreichend zur Verfügung steht, ist laut einer Untersuchung des Mieterbunds Nordrhein-Westfalen nicht mehr richtig.
Die aktuellen Prognosen über wachsende Flüchtlingszahlen aber auch die allgemeine Bevölkerungsentwicklung deuten demnach in eine andere Richtung.
Der Mieterbund forderte am Montag in Düsseldorf Bund, Land und Kommunen auf, alle Register zu ziehen, um den sozialen Wohnungsbau wieder anzukurbeln und Wohnraum nutzbar zu machen - notfalls mit Zwangsmitteln. Wesentliche Positionen des Vereins:
- ZWECKENTFREMDUNGSVERBOTE für Wohnraum sollten mit einer landesweiten Verordnung überall gelten. Derzeit steht es im Ermessen der Kommunen, über eigene Satzungen und Bußgelder gegen das Spekulieren mit Wohnraum vorzugehen. Dies wird etwa in Bonn, Münster und Dortmund getan. In Dortmund darf frei finanzierter Wohnraum nicht ohne Genehmigung länger als drei Monate leer stehen oder zu anderen Zwecken genutzt werden. Nach Angaben des Mieterbunds Dortmund drohen andernfalls Bußgelder über 100.000 Euro.
- LEERSTAND: Die Arbeitsgruppe Wohnungsmarkt der Städteregion Ruhr beziffert den Leerstand in den Ruhrgebietskommunen zwischen 3 und 9 Prozent der Wohnungen. Insgesamt gab es Ende 2014 nach Angaben des Statistischen Landesamts rund 8,85 Millionen Wohnungen in NRW - gut 41.000 mehr als ein Jahr zuvor.
- SOZIALWOHNUNGEN gibt es allerdings immer weniger. Ende 2014 waren es nach vorläufigen Zahlen der NRW-Bank 489.000 - in der Spitze gab es mal 845.000 in NRW. Wenn der Staat nicht gegensteuert, wird die Zahl geförderter Wohnungen laut Mieterbund bis 2040 in Duisburg von knapp 23.000 (2012) auf 13.600 zurückgehen, in Dortmund wird sich die Zahl von derzeit 25.000 auf knapp 12.000 mehr als halbieren. Der Mieterbund bedauert, dass Zechen- und Werksiedlungen in den vergangenen Jahren an Finanzinvestoren verkauft wurden, die sich dem sozialen Wohnungsbau nicht mehr verpflichtet fühlen.
- RUHRGEBIET: Das Revier ist besonders von der Entwicklung betroffen, weil die Einkommen hier unter dem landesweiten Durchschnitt liegen. Dafür sind in vielen Ruhrgebietsgemeinden der Altersdurchschnitt und die Zahl der Bezieher von Sozialleistungen überdurchschnittlich hoch - in Gelsenkirchen lebt gut jeder Vierte in einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft.
- MIETEN: Die größten Mietwohnungsmärkte im Ruhrgebiet stellen Essen, Dortmund und der Kreis Recklinghausen. Das durchschnittliche Mietniveau im Revier liegt zwischen 4,20 und 7,70 Kaltmiete pro Monat und Quadratmeter und damit unterhalb des Landesdurchschnitts. Die höchsten Mieten im oberen Marktsegment des Ruhrgebiets weisen Dortmund, Bochum, Essen und Mülheim aus mit Quadratmeterpreisen zwischen 8,55 und 9 Euro.
- SCHROTTIMMOBILIEN sind eine Herausforderung für viele Kommunen in NRW. "In einigen Städten werden in Problemimmobilien zum Teil nur einzelne Matratzen an arme Zuwanderer vermietet", bilanziert der Mieterbund in seiner Studie. Nötig seien starke Wohnungsämter, die den Markt beobachten und eingreifen. In vielen Kommunen seien die aber schon aufgelöst worden. Als sinnvolles Instrument zur Analyse der Lage lobt der Mieterbund "Problemimmobilienkataster" wie Herne und Gelsenkirchen sie führen.
- GHETTOS dürfen beim Neubau bezahlbarer Wohnungen für Flüchtlinge und andere Bedürftige nicht entstehen - Auflagen zu Stellplätzen und Ähnlichem sind aber aus Sicht des Mieterbunds überflüssig.
- ZUSCHÜSSE von Bund und Land seien hingegen unverzichtbar, um Investoren in Zeiten niedriger Zinsen dazu zu bewegen, Sozialwohnungen zu bauen. Bewährt hätten sich vor allem Tilgungsnachlässe. (dpa)