Berlin.. Ist die Prostituierte sehr jung und spricht kaum Deutsch, kann das ein Hinweis auf sexuelle Ausbeutung sein, so die Union. Wenn Freier Zwangsprostitutierte besuchen, soll ihnen künftig eine Gefängnisstrafe drohen. Die Gewerkschaft der Polizei lobt die Pläne, Berater der Prostituierten halten sie indes für wirkungslos.

Union und SPD planen einen harten Schlag gegen das Rotlichtmilieu: Freier, die wissentlich die Dienste von Zwangsprostituierten kaufen, droht womöglich eine Gefängnisstrafe. Gleich nach einer Regierungsübernahme will die Große Koalition das Prostitutionsgesetz entsprechend verschärfen. Für Prostituierte soll nach dem Willen von CDU/CSU wieder eine Gesundheitskontrolle eingeführt werden.

Beratungsstellen für Prostituierte im Ruhrgebiet halten es hingegen für völlig unsinnig, den Druck auf die Freier so zu erhöhen. „Dieses Gesetz dürfte wirkungslos verpuffen“, sagte Iris Sperg vom Duisburger Gesundheitsamt. „Kaum kontrollierbar und kaum durchsetzbar“, finden auch die Beratungsstellen Kober (Dortmund) und Madonna (Bochum). Sie sind außerdem der Ansicht, Zwangsprostituierte seien nur eine kleine Minderheit in diesem Gewerbe.

Prostitution lasse sich nicht per Gesetz verbieten, meinen die Beraterinnen. „Dann würden sich die Frauen dort prostituieren, wo sie niemand mehr im Blick hat“, warnt Mechthild Eickel (Madonna). Das Ergebnis: extreme Unsicherheit, Gefahren für die Gesundheit der Frauen.

Und Iris Sperg betont: „Selbst für uns Sozialarbeiter ist Zwangsprostitution schwer zu erkennen.“ Sie und ihre Kolleginnen Mechthild Eickel und Elke Rehpöhler (Kober) fürchten, ein härteres Prostitutionsgesetz würde Freier davon abhalten, wie bisher mögliche Fälle von Zwangsprostitution zu melden. „Das macht kein Kunde, wenn er fürchten muss, bestraft zu werden“, gibt Rehpöhler zu bedenken.

„Man merkt, ob jemand unter Zwang steht“

Die Union sieht das völlig anders. Mit Aussagen wie „Das habe ich nicht gewusst“, soll sich kein Freier mehr herausreden können. „Man merkt, ob jemand unter Zwang steht“, so CDU-Rechtsexperte Günter Krings. Bei extrem jungen Frauen, die kein Wort Deutsch sprechen, müssten Kunden hellhörig werden. Wer diese Frauen dennoch ausnutze, mache sich schuldig. „Da kommt auch Gefängnis in Frage“, so Krings.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt die Pläne: „Ich finde es richtig, die Freier in die Verantwortung zu nehmen“, so GdP-Chef Oliver Malchow. Auch SPD-Vize Manuela Schwesig sagt, der Druck auf die Freier sei „ein wichtiges Zeichen“, aber kein Allheilmittel.

Deutschland – „ein Paradies für Freier“

Durch die Legalisierung des Gewerbes durch Rot-Grün vor zwölf Jahren sei Deutschland „zum Paradies für Freier und einer Vorhölle für Prostituierte“ geworden, heißt es in der Union. Die frauenpolitische Sprecherin der Union, Dorothee Bär, will Prostitution grundsätzlich erst ab 21 Jahren erlauben.

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Den Grünen geht die Reform nicht weit genug: „Das geplante Gesetz tut zu wenig für die Opfer“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dieser Zeitung. „Ebenso wichtig wie eine Strafe für Freier, die wider besseres Wissen Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen, ist ein dauerhaftes Bleiberecht für die Opfer von Zwangsprostitution.“ Das würde ihre Aussagebereitschaft erhöhen und die Klärung krimineller Strukturen ermöglichen, so die Politikerin.

Verlässliche Zahlen zur Prostitution im Ruhrgebiet gibt es wenige. Das Gesundheitsministerium sagt: „Institutionen wie Beratungsstellen für Prostituierte schätzen, dass es eine weibliche Prostituierte pro 500 bis 1000 Einwohner gibt. Ausgehend davon wäre im Revier von 5150 bis 10.300 Prostituierten auszugehen.“

Experten zufolge sollen es in Dortmund rund 1500 sein, in Bochum 500. In Duisburg gab es im Herbst 2012 insgesamt 440 Zimmer in Bordellen. Dort arbeiteten 224 Frauen. 56 stammten aus Bulgarien, 69 aus Rumänien, 14 waren Deutsche. Auf dem Straßenstrich arbeiten in Duisburg zehn bis 20 Frauen. Dazu gibt es 30 bekannte Clubs und Saunen dort.