Düsseldorf. Die Landesregierung feiert große Fortschritte bei der Digitalisierung. Die Grünen halten das für Übertreibung und Etikettenschwindel.

Die Grünen im Landtag werfen der NRW-Landesregierung vor, bei der Digitalisierung weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurück zu bleiben. Von den 43 Zielen, die die Landesregierung im Frühjahr 2019 in ihrer „Digitalstrategie“ festgelegt habe, seien bisher nur acht vollständig und 20 teilweise erreicht. 15-mal gelte „Daumen runter“ für deutlich verfehlte und teilweise nicht einmal begonnene Ziele.

Ausgerechnet beim Ausbau des schnellen Internets für Privat- und Geschäftsleute sowie für Schulen schwächele die Landesregierung, sagte der Grünen-Abgeordnete Matthi Bolte-Richter am Montag nach der Auswertung von mehr als 500 Antworten der Regierung auf eine Große Anfrage der Grünen-Fraktion. Laut Bolte-Richter ist das Digitalministerium von Andreas Pinkwart (FDP) nur ein „Etikettenschwindel“, weil es keinerlei Durchgriffsrechte auf die anderen Ministerien habe.

"Irgendwie eher dürftige Bilanz"

Der Zeitpunkt passte nahezu perfekt:  Kurz bevor NRW-Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) in Berlin vor einem großen Publikum erklärte, wie er die Digitalisierung in Deutschland voranbringen möchte, kritisierten die Landtags-Grünen am Montag den Stand der Digitalisierung in NRW. Botschaft: Wer anderen Aufgaben erteilt, sollte erst die eigenen Hausaufgaben erledigen.

„Irgendwie eher dürftig“ ist nach Einschätzung des Fraktionssprechers der Grünen für Digitalisierung und Innovation, Matthi Bolte-Richter, die Bilanz der Landesregierung bei diesem wichtigen Zukunftsthema. Von deren 43 im Rahmen der „Digitalstrategie“ formulierten Zielen seien bisher nur acht vollständig erreicht worden, 15 hingegen noch gar nicht. Die Grünen hatten der Regierung in einer Großen Anfrage Hunderte Fragen dazu gestellt.

Landesregierung sieht sich erfolgreich bei der Aufholjagd

Das wenig schmeichelhafte Urteil der Grünen über die digitalen Ambitionen der Regierung passt nicht zu der Bilanz, die NRW-Wirtschafts- und Digitalisierungsminister Andreas Pinkwart (FDP) neulich zum Anlass „vier Jahren Digitalministerium in NRW“ präsentierte: „Wir haben in einer Aufholjagd die Zahl der Privathaushalte mit Gigabitversorgung versiebenfacht, die Glasfaserverfügbarkeit in Gewerbegebieten verdoppelt, die der Schulen mit Zugriff auf Gigabit vervierfacht“, erklärte Pinkwart. Im kommenden Jahr werde das „Digitale Bürgeramt“ vollendet, das „Digitale Gewerbeamt“ weiter ausgebaut.

Aus Sicht der Grünen steckt hinter solchen Erfolgsmeldungen oftmals nur eine „PR-Meisterleistung“. Bolte-Richter nannte es „äußerst unwahrscheinlich“, dass, wie geplant, alle Privathaushalte bis 2025 mit gigabitfähigen Glasfasernetzen ausgestattet werden können. Der Ausbaustand liege derzeit nur bei 66 Prozent. Ähnlich schleppend verlaufe der Anschluss der Schulen an das schnelle Internet. Ausbaustand heute: 65 Prozent. Und nur 20 Prozent der Gewerbegebiete verfügten im Moment über Glasfaser-Anschlüsse.

Grüne kritisieren "lächerliche" Ziele

Einige der erreichten Ziele der Digitalstrategie seien von Anfang an „lächerlich ambitionslos“ gewesen, so die Grünen. So strebte die Landesregierung an, „dass NRW in den kommenden fünf Jahren bei den Exist-Gründerstipendien unter die Top 3-Bundesländer aufsteigt“. NRW habe aber bereits vor Verabschiedung der Strategie auf Platz zwei gelegen. Und Vorhaben wie „Medienkompetenz in die Fläche bringen“ seien keine messbaren Ziele.

Weitere Kritikpunkte: Die Digitalstrategie der NRW-Regierung habe keinen grundlegenden Fortschritt bei der Digitalisierung der Wirtschaft gebracht, und der Klimaschutz sei in der Digitalpolitik des Landes nur ein Thema „unter ferner liefen“.