An Rhein und Ruhr. Der kurzfistige Schulstart hat viele überrascht und verärgert. Die Schüler freuen sich auf die Schule. Auch Tochter Mia aus der NRZ-Familie Ost.

Die kurzfristige Nachricht aus dem NRW-Schulministerium, dass die Grundschulen schon bald wieder für alle Kinder geöffnet werden sollen, dürfte am Freitagmorgen in vielen Lehrerzimmern an Rhein und Ruhr für Aufsehen gesorgt haben. Nur zwei Wochen vor den Sommerferien sollen die Erst- bis Viertklässler wieder in ihren Klassen unterrichtet werden. Eine große Überraschung, denn noch am Mittwoch hatte das Schulministerium auf Anfrage dieser Zeitung gesagt, dass es Ziel und Anspruch von Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) sei, „nach den Sommerferien wieder in einen regulären Schulbetrieb mit möglichst viel Präsenzunterricht zurückzukehren. Bei dieser Zielsetzung bleibt es – natürlich immer in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen.“

Nun also doch die Kehrtwende. Winfried Bega, Sprecher der Essener Grundschulleiter und Leiter der Grundschule am Wasserturm, sagt, er habe „geschockt“ auf die Nachricht aus Düsseldorf reagiert. Binnen weniger Tage neue Pläne für Raumbelegung, Lehrereinsatz und Zuschnitt der Klassen aufzustellen – all das, was jetzt erledigt werden muss, hatte Bega noch am Mittwoch für sehr schwierig gehalten: „Bei uns können aktuell von 25 Kollegen nur 15 unterrichten, die anderen sind krank geschrieben.“

Informationspolitik aus Düsseldorf in der Kritik

Auch andernorts wird die Informationspolitik des Schulministeriums kritisch gesehen: aus einem Schuldirektorbüro am Niederrhein war zu vernehmen, dass man das leidliche Vorgehen aus Düsseldorf bereits kenne und man mittlerweile gewohnt sei, so kurzfristig reagieren zu müssen. Eine Schulleiterin aus dem Ruhrgebiet ergänzt: „Jetzt haben sich alle an das rollierende System gewöhnt, und es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, warum man wenige Tage vor Ferienbeginn nochmal alles umschmeißen muss.“ Ähnlich sieht es Andreas Illigen, Sprecher der Mülheimer Schulleitervereinigung und Leiter der Schildbergschule: „Wir hätten uns gewünscht, dass es noch die zwei Wochen so weitergeht und wir nach den Sommerferien gut geregelt wieder voll starten.“

Für viele Schulleiter bedeutete die Entscheidung aus Düsseldorf vor allem mehr Arbeit: Am Freitagmittag war Ute Kampow, Rektorin der Eichendorffschule in Moers, bereits dabei, die Stundenpläne der einzelnen Klassen so umzustellen, damit sich Anfangs- und Pausenzeiten nicht überschneiden. „Wir müssen jetzt kurzfristig reagieren und das ist mit einigem Planungsaufwand verbunden.“ Auch die Eltern mussten schnell informiert werden. Sie sollen die Stundenpläne ihrer Kinder dann im Laufe der kommenden Woche bekommen.

Schüler endlich wieder in ihrem Klassenverband

Wichtig sei, sagt Kampow, dass weiterhin alle Klassenräume regelmäßig gereinigt werden. „Bei unseren Lehrkräften sind wir momentan glücklicherweise ganz gut besetzt, sodass wir da gut hinkommen.“ Auf ihre Schülerinnen und Schüler freut sich die Pädagogin. „Es ist für die Kinder sehr schön, dass sie wieder in ihren Klassen unterrichtet werden.“

Ähnlich sieht das auch Astrid Wahl-Weber, die Rektorin der Innenstadt-Grundschule in Wesel: „Vor allem für die Viertklässler, für die ja ein Lebensabschnitt zu Ende geht, ist das doch sehr schön.“ Die Rektorin bereitet sich auf „zehn Tage Normalbetrieb mit großen Einschränkungen“ vor, wie sie sagt. Ihre Kollegin Sabine Hellebrand, Leiterin der Weseler Konrad-Duden-Grundschule, macht sich vor allem Gedanken über die Personalbesetzung: „Wir sind noch in der Findungsphase, was wir leisten können, vor allem personell könnte es schwierig werden. Wir brauchen schließlich so viele Köpfe wie Klassen. Wenn da bei uns drei Leute ausfallen, wird das schon ein echtes Problem.“

Freude bei NRZ-Familie Ost

Manuela Gualano, Schulleiterin der Astrid-Lindgren-Schule in Moers, hat in ihrem Kollegium Zustimmung zu den Plänen, aber auch Sorge beobachtet: „Die meisten sagen ‘Endlich!’“, aber es gäbe auch Bedenken zu einer möglichen Ansteckung. „Eine Kollegin über 60 hat sich besorgt gezeigt, denn in den Klassen ist man weniger isoliert als zum Beispiel im Supermarkt.“ Auch unter den Schülern ist das Bild gespalten: „Manche Kinder sind einfach genervt von der Situation und wollen nur wieder in Normalität spielen können, andere sind total selbstbewusst und sagen ‘auch mit Virus wird alles gut gehen’, wieder andere wirken ängstlich.“

Bei der achtjährigen Mia aus der NRZ-Familie Ost überwiegt hingegen die Vorfreude. „Sie freut sich sehr auf Unterricht in ihrer ganzen Klassen“, sagt Mutter Deniz Ost. Für die Familie kam die Nachricht ebenfalls überraschend, grundsätzlich sehe man es aber positiv: „Ein Präsenztag in der Woche ist was ganz anderes als täglich zur Schule gehen zu können. Wir kommen so dem Alltag wieder ein Stück näher.“