Düsseldorf. Seit Jahren rangeln Essen und Düsseldorf um ein Prestigeprojekt des Bundes. Kurz vor der Bundestagswahl soll Klarheit her.
Thomas Kufen sieht nicht ein, warum sich das oft bescheiden auftretende Ruhrgebiet auch diesmal wieder vornehm zurückhalten sollte. Essens Oberbürgermeister will den seit Monaten schwelenden Standortstreit über das geplante Bundesinstitut für Fotografie endlich zur Entscheidung treiben. An diesem Montag kommt es zu einem Gütetermin mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), um knapp sechs Wochen vor der Bundestagswahl Fakten zu schaffen.
„Wenn ein Bundesinstitut für Fotografie kommt, führt kein Weg an Essen vorbei“, sagt Kufen entschlossen. Der Essener Stadtchef, der in der NRW-CDU von Kanzlerkandidat Armin Laschet inzwischen eine wichtige Rolle spielt, will ein klares Votum und keine faulen Kompromisse.
Experten plädieren für den Essener Standort
Kufen kann sich dabei auf Grütters selbst und eine stattliche Experten-Riege stützen. Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kam im Frühjahr zu dem Ergebnis, dass Essen mit einem Grundstück auf dem Welterbe-Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein einen idealen Standort biete. Damit wurde eine Empfehlung einer Expertenkommission aus dem Vorjahr bestätigt, die sich ebenfalls klar für Essen ausgesprochen hatte.
Die Gutachter-Schlacht wurde notwendig, weil sich auch Düsseldorf Hoffnungen auf das Bundesinstitut macht. Bevor sich überhaupt Experten mit konzeptionellen Fragen auseinandersetzen konnten, hatte bereits der Haushaltsausschuss des Bundestages 41,5 Millionen Euro für die Landeshauptstadt als Standort freigegeben. Der Landtag hatte seinerseits eine Ko-Finanzierung zugesagt. Grundlage war eine Initiative um den weltberühmten Düsseldorfer Foto-Künstler Andreas Gursky für ein „Deutsches Fotoinstitut“. Daraus leitet Düsseldorf bis heute Ansprüche ab.
Düsseldorf sagt Teilnahme an Spitzengespräch beim Bund ab
Es geht um viel. Das Bundesinstitut soll etwa 125 Millionen Euro kosten und bis 2027 fertiggestellt werden. Nachlässe wichtiger Fotografen in Deutschland würden hier eine Heimat finden. Ein Ort für das fotografische Kulturerbe des Landes verhieße Prestige und weitere Forschungsinitiativen.
„Wir haben in Essen einen Zusammenschluss von vier hervorragenden Institutionen auf dem Gebiet der Fotografie, die zusammen eines der größten Kompetenzzentren deutschlandweit vorweisen“, sagt Kufen. Tatsächlich ist die Stadt seit mehr als 100 Jahren einer der bedeutendsten Standorte der Fotografie in Deutschland. Das Museum Folkwang, die Stiftung Ruhr Museum, das Historische Archiv Krupp und die Folkwang Universität der Künste verfügen über international beachtete Sammlungen.
Weltberühmter Fotokünstler Gursky als Treiber
Allerdings hat auch die Düsseldorfer Initiative im politischen Raum einflussreiche Fürsprecher. Zuletzt gab es immer lautere Rufe nach einem Kompromiss, der beide Standorte berücksichtigen solle. In Essen hätte man zwar nichts dagegen einzuwenden, dass Künstler wie Gursky in der Landeshauptstadt besser präsentiert und gefördert werden. Doch das Bundesinstitut müsse, wie von den Experten gefordert, auf dem großen Gelände Zollverein konzentriert werden.
Gegen den Düsseldorfer Standort in Rheinnähe hatte neben einer zumindest theoretischen Überflutungsgefahr nicht zuletzt der fehlende Platz für das gesamte Depot gesprochen. Doch alle Versuche von Kulturstaatsministerin Grütters, zu einer gütlichen Einigungen zu kommen, sind bislang gescheitert. Selbst der Regierungswechsel in der Landeshauptstadt, der Stephan Keller ins Oberbürgermeister-Amt brachte, hat den Knoten nicht lösen können. Obwohl Grütters, Kufen und Keller CDU-Parteifreunde sind, sagte die Düsseldorfer Delegation ihre Teilnahme am Krisentreffen diesen Montag kurzfristig ab. Begründung: Die Runde setze ich überwiegend aus Befürwortern des Standortes Essen zusammen.
Kufen hofft dennoch, dass es zu einem glasklaren Beschlussvorschlag kommt, an dem auch nach dem 26. September eine neue Regierungskoalition in Berlin nicht vorbeikäme. Im nächsten Jahr sollen die Arbeiten am Bundesinstitut schließlich beginnen.