Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat Eckpunkte vorgelegt, um die Beschneidung von Jungen auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen. Ein Sprecher des Justizministeriums bestätigte am Dienstag in Berlin entprechende Medienberichte und erklärte: „Die Beschneidung bleibt in Deutschland erlaubt.“

Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für ein Gesetz zur Beschneidung minderjähriger Jungen ausgearbeitet. Die Entfernung der Vorhaut bleibt demnach in Deutschland erlaubt außer bei einer Gefährdung des Kindeswohls, wie ein Ministeriumssprecher am Dienstag mitteilte. Sie müsse aber fachgerecht und deshalb „möglichst schonend und mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung durchgeführt werden“. Voraussetzung sei außerdem eine umfassende vorherige Aufklärung. Eltern müssten zudem den Willen des Kindes miteinbeziehen.

In der Regel solle der Eingriff von Ärzten vorgenommen werden, erläuterte der Sprecher von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weiter. Innerhalb der ersten sechs Lebensmonate könnten dies aber auch Personen sein, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen seien. Diese müssten die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen.

Medienbericht: Beschneidung bleibt Körperverletzung, aber nicht strafbar

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete vorab aus ihrer Mittwochausgabe, nach dem Eckpunktepapier des Justizministeriums bleibe eine Beschneidung, die mit Einwilligung der Eltern und nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werde, zwar eine Körperverletzung. Sie sei aber nicht rechtswidrig und damit nicht strafbar.

Ein Ministeriumssprecher sagte dazu, jeder ärztliche Eingriff stelle zunächst formal-juristisch eine Körperverletzung dar. So gesehen begehe jeder Chirurg von morgens bis abends Körperverletzungen. Eine solche formale Körperverletzung sei aber nicht strafbar, wenn eine wirksame Einwilligung vorliege. Darum bedürfe es auch bei jedem Eingriff einer Einwilligung. Dies gelte für jeden Chirurgen, für jede Blutabnahme und auch für jede Beschneidung. „Die vorgeschlagene Regelung stellt nun klar, dass eine Einwilligung der Eltern in die Beschneidung ihres Jungen im Rahmen ihrer elterlichen Sorge möglich ist.“

Regelung soll Verunsicherung nach dem Urteil des Landgerichts Köln beseitigen

Das Eckpunkte-Papier sei an Länder und Verbände als Grundlage einer Expertenanhörung im Bundesjustizministerium versendet worden, teilte der Sprecher mit. Die Regelung solle die Verunsicherung nach dem Urteil des Landgerichts Köln beseitigen. Dieses hatte die Beschneidung eines muslimischen Jungen, bei dem es nach dem Eingriff zu Komplikationen gekommen war, als Körperverletzung gewertet. Das Urteil löste einen Proteststurm jüdischer und muslimischer Gruppen und Sorgen bei Ärzten vor möglicher Strafverfolgung aus.

Zur Erläuterung der Position in dem Eckpunktepapier erklärte der Ministeriumssprecher, nach dem Grundgesetz hätten Eltern das Recht auf Erziehung, die primär auch in ihrer Verantwortung liege. Dazu gehöre, dass sie sämtliche Fragen, die ihre Kinder betreffen, entscheiden könnten. Dies schließe eine Beschneidung eines Jungen „nach Regeln der ärztlichen Kunst“ ein. Der Staat habe hier ein Wächteramt, wenn im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung drohe. Die vorgelegte Regelung des Ministeriums sei auf die Beschneidung von Jungen beschränkt, die noch nicht selbst entscheiden könnten. (rtr/afp)