Düsseldorf.. Streit im Landtag um Gründe für das Nullwachstum. CDU spricht von „Offenbarungseid“ der Landesregierung. Grüne: „Tesla sollte hier gebaut werden.“

Der Schock über die schwache Wirtschaftsentwicklung in NRW sitzt tief. Erstmals ist NRW 2015 beim Wachstum Schlusslicht unter den 16 Bundesländern. Auf den schlimmen Befund folgt die politische Ursachenforschung: Hausgemachte rot-grüne Fehler? Folgen des Strukturwandels? Fehlende Visionen? Im Landtag hat sich der Streit über Gründe und Konsequenzen des Nullwachstums in NRW zugespitzt.

Sichtlich empört sprach CDU-Landeschef Armin Laschet in einer Aktuellen Stunde von einem „Offenbarungseid“ der rot-grünen Landesregierung. „Das Nullwachstum hat Folgen für jeden Bürger.“ Durch die chronische Wachstumsschwäche steige die Kinderarmut und fänden Menschen weniger Ausbildungs- und Arbeitsplätze, klagte Laschet.

Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) verteidigte die auch aus seiner Sicht „unbefriedigenden Zahlen“ mit dem anhaltenden Strukturwandel und der Anfälligkeit einer industriell geprägten Region von Krisen im Ausland.

Lindner beklagt Mangel an Ideen im Land

Die Lage ist ernst: Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hatte NRW im Ländervergleich beim Wachstum, Investitionen, Forschungsausgaben, Kita-Betreuung, Schuldenlast und Lehrerversorgung die rote Laterne verpasst. FDP-Landeschef Christian Lindner sah in der „Schlusslicht-Debatte“ im Landtag eine Hauptursache für die aktuelle Misere in der „ideologischen Politik“ von Rot-Grün, die mit ständig neuen Auflagen und gesetzlichen Hürden den Aufschwung bremse. „Unser Problem ist aber nicht nur das Nullwachstum, sondern auch Null-Idee.“ Folge der Schwäche seien zu wenig Investitionen in NRW, klagte Lindner.

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SPD und Grüne rechnen anders: Danach leidet die stark von der Grundstoffindustrie geprägte NRW-Wirtschaft vor allem unter der Krise der Energieversorger und Problemen der Stahl- und Chemieindustrie. Allein die Energieerzeuger RWE, Eon und die Stadtwerke hätten durch die Energiewende 16 Milliarden Euro Umsatz verloren, sagte SPD-Experte Michael Hübner.

Nach Angaben des Grünen-Politikers Reiner Priggen gingen allein durch den Ausstieg aus der Steinkohle inklusive Zulieferbetrieben 1,5 Millionen Jobs verloren. Priggen setzt auf ein ökologisches Umsteuern und die Zukunft des Elektroautos. „NRW sollte sehen, dass der Tesla in NRW gebaut wird.“

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) schaltete sich nicht in die Debatte ein, wurde aber von der Opposition heftig angegangen. „Wo ist die Vision?“, fragte Laschet. Weder analysiere Kraft die Lage, noch ziehe sie Konsequenzen aus den schlechten Zahlen. „Die Daten müssten ein Weckruf sein“, zeterte Laschet. Der Oppositionspolitiker vermisste aber bei SPD und Grünen eine einheitliche Position in der Wirtschaftspolitik.

Minister Duin: „Die Aufholjagd hat begonnen.“

Minister Duin sah hingegen in der Tatsache, dass NRW die meisten Direktinvestitionen aus dem Ausland erhält, den Beleg, dass die „Aufholjagd begonnen hat“. Für den CDU-Wirtschaftspolitiker Hendrik Wüst sind die Probleme aber hausgemacht. 90 Prozent der Gewerbegebiete in NRW verfügten über kein schnelles Breitband-Internet. Nach sechs Jahren Rot-Grün beklagten Unternehmerverbände weiterhin eine fehlende Willkommenskultur für Firmen. Auch für den Piraten-Abgeordneten Joachim Paul ist NRW „im Krisenmodus angekommen“, weil es keine Ideen für eine moderne Wirtschaftspolitik gebe.

Das wollte Wirtschaftsminister Duin nicht auf sich sitzen lassen. Der neue Mobilfunkstandard 5G werde in NRW erforscht und mit seinen Leistungsdaten „alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen“. Laschet blieb skeptisch: „Das Schweigen der Ministerpräsidentin löst die Probleme genauso wenig wie das Schönreden des Wirtschaftsministers.“