Warschau..

Hat der polnische Präsident Kaczynski den Piloten der Maschine zur Landung gezwungen? Die Ermittler gehen entsprechenden Gerüchten nach, haben nach ersten Auswertungen des Flugschreibers dafür aber keine Hinweise. Bei dem Flugzeugabsturz waren 96 Menschen ums Leben gekommen.

Auf die Piloten der verunglückten polnischen Präsidentenmaschine ist nach Angaben polnischer Ermittler kein Druck ausgeübt worden, trotz des schlechten Wetters die Landung im russischen Smolensk zu versuchen. Dafür gebe es derzeit keine Hinweise, sagte der polnische Generalstaatsanwalt, Andrzej Seremet, am Montag in Warschau. In Medien wurde vermutet, dass die Cockpitbesatzung von jemandem an Bord - möglicherweise dem Präsidenten Lech Kaczynski oder einem ranghohen General - zur Landung gedrängt wurde, damit die Delegation um Kaczynski rechtzeitig zu der Gedenkfeier in Katyn eintreffen könne.

Bei dem Unglück am Samstag waren Polens Präsident Lech Kaczynski und andere hochrangige Vertreter des Landes ums Leben gekommen. Die Delegation wollte des Massakers von Katyn gedenken, bei dem sowjetische Einheiten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 22.000 Polen ermordet hatten. Seremet sagte, die Experten untersuchten die Daten der Flugschreiber allerdings weiter auf Hintergrundgeräusche, die auf eine mögliche Einflussnahme von dritter Seite hindeuten könnten.

Nach Ansicht der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit deutet jedoch beim Absturz von Smolensk viel auf eine Beeinflussung des Piloten hin. Bis zur Auswertung der Blackbox könne man zwar nur über die Absturzursache spekulieren, sagt Jörg Handwerg am Montag zu stern.de. „Doch dass vier Anflüge versucht wurden, legt nahe, dass hier Druck auf die Piloten ausgeübt wurde.“ Vier Landeanflüge seien „sehr ungewöhnlich“, sagt Handwerg, selbst erfahrener Flugkapitän.

Noch nicht alle Leichen geborgen

Nach russischen Angaben hatten die Piloten den Rat der Fluglotsen nicht befolgt, wegen des dichten Nebels auf den Flughafen der weißrussischen Hauptstadt Minsk auszuweichen. Beim vierten Landeversuch streifte die Maschine Baumwipfel und stürzte in ein Waldgebiet. Keiner der der 96 Menschen an Bord überlebte.

Nach Angaben der polnischen Generalstaatsanwaltschaft befanden sich am Montag noch immer Leichen im Wrack der Maschine. Bislang seien 87 Leichen geborgen worden, sagte Seremet. Derzeit werde an einem Zugang für schweres Räumgerät zur Unglücksstelle gearbeitet, um große Wrackteile anzuheben und die verbleibenden sterblichen Überreste zu bergen.

Sarg wird aufgebahrt

Am Unglücksort in Russland bemühten sich Forensiker unterdessen um die Identifikation der Toten, darunter Kaczynskis Frau Maria. Der Leichnam des polnischen Präsidenten war bereits am Samstag nach Warschau gebracht worden. Ursprünglich sollte der Sarg mit Kaczynskis Leiche vom morgigen Dienstag an im Präsidentenpalast für die Öffentlichkeit aufgebahrt werden. Jetzt wollen die Organisatoren der Trauerfeierlichkeiten aber warten, bis auch der Sarg mit der Leiche von Maria Kaczynski in Warschau eintrifft, wie die polnische Nachrichtenagentur PAP unter Berufung auf den Präsidialminister Jacek Sasin meldete. Die Särge sollen geschlossen bleiben.

Möglicherweise werde die Trauerfeier am Samstag stattfinden, sagte Sasin. Allerdings könne eine endgültige Entscheidung erst dann getroffen werden, wenn alle Opfer des Absturzes nach Polen übergeführt seien. Auch Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen zur Trauerfeier für die Absturzopfer nach Polen reisen. (afp/apn)