Warschau..
Die Auswertung des Flugdatenschreibers der polnischen Unglücksmaschine ergab, dass der Pilot von dem Unwetter am Zielort Smolensk wusste. Technische Mängel schlossen die Ermittler aus. Derweil haben die Angehörigen mit der Identifizierung der Leichen begonnen.
Die Flugzeugkatastrophe von Smolensk ist nach Einschätzung der Ermittler nicht auf technische Mängel an der Maschine zurückzuführen. Die Auswertung der Flugdatenschreiber bestätige außerdem, dass der Pilot über das schlechte Wetter am Zielort informiert gewesen sei, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Alexander Bastrykin. Dennoch habe er versucht zu landen. Beim Absturz der Maschine kamen der polnische Präsident Lech Kaczynski sowie 95 weitere Menschen ums Leben.
Bastrykin unterrichtete den russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin in einer Lagebesprechung über den Stand der Ermittlungen. Auszüge des Treffens wurden am Montag im polnischen Fernsehsender TVN24 ausgestrahlt.
Die polnische Präsidentenmaschine, eine russische Tupolew Tu-154, stürzte am Samstag bei dichtem Nebel kurz vor der Landung am Flughafen der westrussischen Stadt Smolensk in einem Waldstück ab. Kaczynski, seine Frau und zahlreiche weitere namhafte polnische Persönlichkeiten waren auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die Opfer des Massakers von Katyn. Bei dem Unglück kamen unter anderen Notenbankchef Slawomir Skrzypek, Generalstabschef Franciszek Gagor, Vize-Außenminister Andrzej Kremer und der stellvertretende Parlamentspräsident Jerzy Szmajdzinski ums Leben. Während einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocausts in Auschwitz sollte am Montag auch der Toten von Smolensk gedacht werden. Das erklärten die Organisatoren des „Marschs der Lebenden“.
Spekulationen im Internet
Derweil kursieren diverse Spekulationen zur Unglücksursache: So heißt es auf bild.de, dass Präsident Kaczynski unbedingt an der Gedenkfeier teilnehmen wollte: „Ein Ausweichen auf einen anderen Flughafen hätte bedeutet, dass die Delegation die Gedenkfeier verpasst hätte. Offenbar Grund genug für den Piloten, trotz Warnung zu landen“, so die Spekulationen. Vor zwei Jahren habe es einen ähnlichen Fall gegeben, schreibt bild.de weiter. Der Präsident wollte damals trotz Gefahrenlage landen. Als sich der Pilot widersetzte, warf ihm der Präsident daraufhin Befehlsverweigerung vor.
Vor der EU-Kommission und anderen Gebäuden der Europäischen Union in Brüssel wehten die Flaggen auf Halbmast. Die spanische EU-Ratspräsidentschaft schlug außerdem vor, dass vor allen Konferenzen an den EU-Institutionen zwei Minuten schweigend der Opfer des Absturzes gedacht werde.
Am Unglücksort in Russland bemühten sich Forensiker unterdessen um die Identifikation der Toten, darunter Kaczynskis Frau Maria. Der Leichnam des polnischen Präsidenten war bereits am Samstag nach Warschau übergeführt worden. Die Familie hat noch keinen Termin für die Beisetzung bekanntgeben.
Gemeinsame Beerdigung
Kaczynski und seine Frau sollten gemeinsam beerdigt werden, meldete die polnische Nachrichtenagentur PAP am Montag unter Berufung auf den Präsidialminister Jacek Sasin. Demnach soll der Leichnam des verstorbenen Staatsoberhaupts ab Dienstag im Präsidentenpalast öffentlich aufgebahrt werden. Alle Polen sollten die Gelegenheit bekommen, sich von ihrem Präsidenten zu verabschieden, sagte Sasin. Der Sarg bleibe aber geschlossen.
Möglicherweise werde die Trauerfeier am Samstag stattfinden, sagte Sasin. Allerdings könne eine endgültige Entscheidung erst dann getroffen werden, wenn alle Opfer des Absturzes nach Polen übergeführt seien. Denn in der Zeremonie solle nicht nur des Präsidentenpaares, sondern aller Toten gedacht werden, betonte Sasin laut PAP. (afp/apn)