Moskau.. Den drei jungen Frauen droht eine Freiheitsstrafe für ihren Auftritt in der Moskauer Erlöserkirche. War es Gotteslästerung oder politische Aktion? Die Wellen schlagen hoch, auch US-Popstar Madonna legt sich jetzt mit der orthodoxen Kirche an.
Den Angeklagten im Skandalprozess „Pussy Riot“ drohen drei Jahre Gefängnis. Das forderte Staatsanwalt Alexander Nikiforow am Dienstag in seinem Plädoyer. Die Punksängerinnen Nadjeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Maria Aljochina hätten sich des Rowdytums schuldig gemacht, durch religiösen Hass motiviert.
„Sie haben die Gefühle der Gläubigen beleidigt und erniedrigt. Ihre Aktion in der Kirche wurde eindeutig als Entfachung von religiöser Feindschaft und Hass wahrgenommen.“
Es gehe nicht um Putin, sagt der Staatsanwalt
Im Februar hatten die maskierten Mitglieder der „Pussy Riot“ vor dem Altar der Moskauer Erlöserkirche einen wilden Tanz veranstaltet. Später stellten sie ein Video ins Internet, auf dem sie singend die Gottesmutter anflehen, Wladimir Putin zu verjagen. Nach Ansicht des Staatsanwaltes benutzten die Punkerinnen Putins Namen nur, um ihrer Gotteslästerung einen politischen Anschein zu geben. Die Anwälte der Geschädigten, das sind neun Angestellte und Besucher der Erlöserkirche, unterstützten die Staatsanwaltschaft. „Statt sich aufrichtig zu entschuldigen, haben die Angeklagten sich kichernd über unsere Mandanten lustig gemacht“, erklärte Anwalt Lew Ljalin unserer Zeitung in einer Prozesspause.
Die Verteidiger dagegen plädierten auf Freispruch. Violetta Wolkowa und Nikolaj Polosow warfen dem Gericht vor, es habe die verfassungsmäßigen Rechte der Angeklagten ständig verletzt. Richterin Marina Syrowa hatte fast alle Zeugen und Experten der Verteidigung abgelehnt, einen Großteil ihrer Anträge und Fragen erst gar nicht zugelassen. Der dritte Verteidiger Mark Fejgin bezeichnete den Prozess als „politischen Auftragsjustiz“.
Allein im Kampf gegen die „Heilige Scheiße“
Auch die drei Angeklagten verlangten Freispruch. „Ich habe gesehen, wie Kirchenwärter Pilgerinnen, alten Frauen, nicht in eine neu eröffnete Kirche in Moskau ließen, während hohe Beamte ein und aus gingen“, sagte Aljochina. Der Refrain der Pussy Riots „Heilige Scheiße!“ wende sich eben gegen solche Missstände in der Kirche. Die Angeklagten haben am Mittwoch das Schlusswort.
US-Popstar Madonna, die am Dienstag in Moskau und am Mittwoch in St. Petersburg auftreten sollte, forderte bei ihrer Ankunft auf dem Moskauer Flughafen Milde für die Frauen. Unterstützer der russischen Orthodoxen Kirche forderten daraufhin von den Behörden, Madonnas Konzerte abzusagen. (mit afp)