Bochum.. Auf ihrem Uni-Campus fühlen sich viele junge Frauen bedroht. Das erforscht derzeit die Ruhr-Universität Bochum. Wissenschaftler dort fordern: Weil viele Studentinnen sexuell belästigt würden, sollten die Unis Frauen besser unterstützen.

Es ist dunkel, kalt und diesig. Ein eisiger Wind weht über den Campus, keine Menschenseele ist um diese Zeit unterwegs. Außer einer jungen Frau. Um zwölf Uhr nachts verlässt sie die Bibliothek, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Durch ein Gewirr von dicht bewachsenen Wegen läuft sie in Richtung Parkplatz. Doch bevor sie ankommt erstarrt sie. Hinter dichten Büschen zu ihrer Linken springt ein Mann mit einem Messer hervor, die Hose hat er bereits unten...

Ein Horrorszenario, das wenige Studentinnen ereilt, aber vor dem sich viele fürchten. Dies fand Katrin List von der Ruhr-Universität Bochum heraus. Die wissenschafltiche Mitarbeiterin am Institut für Kriminologie erforscht derzeit, wie viel Angst Studentinnen vor sexuellen Übergriffen haben - am Campus und im privaten Umfeld. Laut bisheriger Ergebnisse haben sie zu viel Angst.

„Die befragten Studentinnen fühlten sich oft bedrohter als sie es tatsächlich sind“, so Katrin List. Es gebe statistisch gesehen weitaus gefährlichere Orte als den Uni-Campus bei Nacht. „Aber auch unbegründete Ängste sollten ernst genommen werden. Denn die Studentinnen richten zum Teil ihr Leben nach den Ängsten aus.“ Es dürfe nicht sein, dass sie Lehrveranstaltungen am Abend meiden.

Folgende Zahlen zeigen aber auch: Junge Frauen müssen zumindest auf der Hut sein. Von 16 000 befragten Studentinnen hatten einzelne angegeben, an der Uni vergewaltigt worden zu sein. In der Studie wurden nicht nur die harten Fälle erforscht, sondern auch Fälle von sexueller Belästigung und Stalking erfragt. Hier lagen die Fallzahlen weitaus höher: 70 Prozent der Studentinnen seien schon einmal sexuell belästigt worden, 20 Prozent während ihres Studiums.

Hinterherpfeifen empfinden viele als Belästigung

Doch was stufen die Studentinnen als sexuelle Belästigung ein? Manche empfinden schon das Hinterherpfeifen als solche. List: „Hier möchten wir natürlich verhindern, dass Männer ohne Grund kriminalisert werden.“ In den Fragebögen seien deshalb nicht von vornherein Männer als Täter verdächtigt worden. „Dennoch mussten wir feststellen, dass sich Frauen fast ausschließlich von Männern belästigt oder bedroht fühlten. Leider reagierten die Männer oft nur mit einem Grinsen, wenn man sie mit Vorwürfen konfrontierte.

Den Universitäten rät List, „Konsequenzen aus den Forschungsergebnissen zu ziehen und das Sicherheitsgefühl Studentinnen zu erhöhen.“ Da könnten beispielsweise Aufklärung, Beratung und bauliche Maßnehmen an der Universität helfen.

„Es hapert an der Kommunikation der Unis“

Manche Universitäten, wie die Uni Düsseldorf, bieten zwar einen Sicherheitsdienst an, der Studentinnen über den Campus geleitet (DerWesten berichtete). Über solchen Maßnahmen wüssten aber die wenigsten Studentinnen bescheid. „Da hapert es an der Kommunikation der Unis. Diese kann verbessert werden“, so List. Auch an der Universität Bochum gebe es einen solchen Sicherheitsdienst. Er wurde eingerichtet, weil es echten Grund zur Angst gab. “Vor etwa zehn Jahren hat es hier eine Serie an Vergewaltigungen gegeben. Das sitzt immer noch tief in den Köpfen vieler Studenten“, erinnert sich List.

Denn das sei auch Sinn und Zweck der Studie: Die Forscher möchten den Universitäten zeigen, wie akut die Angst der Studentinenn an deren Universität ist und welche Maßnahmen die Uni dagegen ergreifen kann.

Die Studie wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Italien, Spanien und Polen durchgeführt. In Deutschland haben 16 000 Studentinnen an Unis aus ganz Deutschland teilgenommen.