An Rhein und Ruhr. Die Corona-Quarantänefälle steigen, viele Gesundheitsämter am Niederrhein sind überlastet. Wer sich nicht selbst meldet, bleibt meist unentdeckt.

Mit dem Anstieg der Corona-Infektionsfälle nimmt auch die Zahl der Menschen in Quarantäne weiter zu. So waren Anfang September im Kreis Kleve insgesamt 281 Personen in häuslicher Quarantäne. Mittlerweile hat sich die Zahl mehr als vervierfacht, auf 1226 Fälle (Stand 11. Oktober). „Die Entwicklung ist in ihrer Dynamik besorgniserregend und muss ernst genommen werden“, so Kreissprecherin Claudia Gronewald. In Oberhausen (415) und
Düsseldorf
(1572) haben sich die Fälle seit Anfang September verdoppelt, auch der Kreis Wesel berichtet von steigenden Zahlen.

Ein landesweiter Trend, der die Gesundheitsämter vor enorme Herausforderungen stellt. „Die Mitarbeitenden im Gesundheitsamt des Kreises Wesel arbeiten bereits seit Monaten an ihrer Belastungsgrenze“, so Sprecherin Anja Schulte. Mit der Folge, dass die Einhaltung der Quarantäne kaum noch überprüft werden könne. „Im Moment kontrollieren wir aufgrund des hohen Infektionsaufkommens nur noch stichprobenartig.“

Überprüfung der Quarantäne: Teilweise bleibt keine Zeit für Anrufe

Hier und da würden im Rahmen der Kontaktnachverfolgung Beratungs- und Kontrollanrufe getätigt. Je stärker die Infektionsfälle steigen, desto weniger Zeit bliebe jedoch im Arbeitsalltag, um die Einhaltung der Quarantäne zu kontrollieren. „Wenn die Mitarbeiter mit der Kontaktnachverfolgung durch sind und dann noch Kapazitäten frei sind, können Personen in Quarantäne angerufen werden“, erklärt Schulte. „Aktuell schaffen es die Mitarbeiter kaum noch, sich auch um die Quarantäne-Fälle zu kümmern.“


In

Duisburg

befinden sich aktuell 1333 Personen in häuslicher Quarantäne. „Wir überwachen mit täglichen Anrufen den Gesundheitszustand“, so Stadtsprecher Peter Hilbrands. „Wir sind dabei, die Mitarbeiter weiter aufzustocken, um dem steigenden Arbeitsaufwand nachkommen zu können.“ Außerdem gebe es eine Reserve in der Stadtverwaltung, die notfalls aktiviert werden könne. „Sollte alles nicht reichen, können Gebietskörperschaften, die als Krisenregion eingestuft sind, auch die Hilfe der Bundeswehr in Anspruch nehmen, wie dies ja bereits in der Vergangenheit in anderen Kommunen der Fall war.“

In Oberhausen führt ein elfköpfiges Team die Gespräche mit den in Quarantäne befindlichen Personen. Auch dort habe die Arbeitsbelastung nach Aussage von Krisenstabsleiter Michael Jehn zugenommen. Noch würden die Mitarbeiter aber regelmäßige Anrufe durchführen. Das Oberhausener Gesundheitsamt profitiere unter anderem von einer Aufstockung des Personals. „Wenn jemand wiederholt nicht von unserem Team erreicht werden kann, wird das Ordnungsamt eingeschaltet“, so Jehn. Das Ordnungsamt überprüft dann, warum die betroffene Person nicht ans Telefon gegangen ist und ob ein Verstoß vorliegt.

Gesundheitsämter sind auf Kooperation der Bürger angewiesen

Krisenstabsleiter Jehn verweist aber auf ein ganz anderes Problem: „Leider gibt es derzeit keine geeignete Kontrollmöglichkeit, mit der Personen identifiziert werden können, die die Quarantäneregeln als Reiserückkehrer missachtet haben, wenn sich diese nach ihrer Rückkehr nicht bei unserem Gesundheitsamt gemeldet haben.“ Wer sich also nicht freiwillig selbst meldet, komme in der Regel ungeschoren davon. „So ist es für uns beispielsweise unmöglich, einen Überblick über die Anzahl der Personen, die aus einer Urlaubsreise zurückkehren, zu bekommen“, sagt Jehn.

Ein Problem, das auch in Duisburg bekannt ist: „Bereits im Sommer - zur Hochzeit der Reiserückkehrer - waren konsequente Kontrollen nicht möglich, weshalb zu der Zahl der Quarantänebrecher keine Angaben gemacht werden konnten“, so Hilbrands. Reiserückkehrer, die sich nach ihrem Urlaub nicht beim zuständigen Gesundheitsamt melden, sollten sich aber nicht zu sicher sein, warnt Schulte. „Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.“ Teilweise würden auch Hinweise von Nachbarn eingehen. Anfang September verhängte das Ordnungsamt in Kranenburg gegen eine Familie eine Strafe in Höhe von 1000 Euro, weil die Kinder draußen gesehen wurden.