Düsseldorf. Im Kreis Gütersloh gelten wieder harte Kontaktbeschränkungen. Ministerpräsident Armin Laschet stellte ein großes „Sicherheitspaket“ vor.
Die Landesregierung verhängt nach dem großen Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh mit mindestens 1553 positiv getesteten Tönnies-Mitarbeitern einen Lockdown für diesen Landkreis. Vorerst bis zum 30. Juni gelten dort wieder die Kontaktbeschränkungen, die im März in NRW Vorschrift waren. Maximal zwei Personen oder Familienangehörige dürfen sich gemeinsam in der Öffentlichkeit bewegen. Der Lockdown hatte sich bereits am Montag angekündigt.
„Wir müssen die Situation beruhigen und die Corona-Tests ausweiten. In sieben Tagen werden wir beurteilen können, wie es in dem Kreis weiter geht“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Dienstagmorgen. Weil derzeit weitere Coronatests mit Menschen, die sich in Quarantäne befinden, durchgeführt werden, könnte sich die Zahl der Infizierten noch erhöhen.
Bayern verbietet Übernachtungen – außer mit Corona-Test
Unterdessen zieht der Ausbruch Kreise: Bayern verbietet die Beherbergung von Menschen aus dem Kreis Gütersloh und anderen schwer betroffenen Regionen. Hotels, Pensionen und Co. dürfen keine Gäste aus Landkreisen mehr aufnehmen, in dem die Zahl der Neuinfektionen binnen sieben Tagen bei über 50 pro 100.000 Einwohner liegt. Das teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag mit. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn ein aktueller negativer Corona-Test vorliegt.
Kneipen und Museen wieder zu
Viele Einrichtungen und Freizeit-Aktivitäten werden daher jetzt wieder geschlossen beziehungsweise verboten: Kinos, Museen, Galerien, Fitness-Studios sind zum Beispiel betroffen, auch Saunen-, Wellness- und Hallenbäder sowie Gastwirtschaften mit Thekenbetrieb. Sport in geschlossenen Räumen, für den keine Maskenpflicht gilt, wird vorerst im Kreis Gütersloh nicht möglich sein. Restaurants dürfen öffnen, allerdings nur für Personen, die einem Hausstand angehören, erklärte Laschet.
Das „Sicherheits- und Schutzpaket“ enthält weitere Elemente über den Kreis Gütersloh hinaus. Denn auch in den Kreisen Warendorf, Soest und in angrenzenden Städten leben zahlreiche Tönnies-Beschäftigte. Notfalls mit Zwang sollen die Behörden die Quarantäne für 7000 Tönnies-Mitarbeiter durchsetzen. Die rund 100 mobilen Teams, die zu Testungen in der Region ausschwärmen und Menschen, die in Quarantäne sind, auf das Virus prüfen, werden, wenn nötig, von der Polizei begleitet. Mit diesem Schutz könnten auch die Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes rechnen, so die Landesregierung. Drei Hundertschaften der Polizei stehen für solche Hilfen zur Verfügung.
Tests für alle Bewohner von Pflegeheimen im Kreis
Die Corona-Tests werden nun stark ausgeweitet im Kreis Gütersloh. „Alle vulnerablen Gruppen werden besonders geschützt“, so Laschet. Das bedeutet zum Beispiel Tests für die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Sämtliche Bürger im Kreis können sich kostenlos und freiwillig testen lassen. Alle Mitarbeiter der Fleischindustrie im Land werden nun noch einmal auf das Virus getestet.
In Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern bittet das Land darüber hinaus andere Unternehmen, die in NRW Werkvertrag-Arbeitnehmer beschäftigen, diese Menschen vorsorglich testen zu lassen. Schließlich versucht das Land, die medizinische Versorgung für den Fall zu sichern, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreiten sollte. Dafür werden im Kreis Gütersloh und in angrenzenden Regionen Plätze in Kliniken frei gehalten.
Vorwürfe gegen Tönnies
Ein Ausreiseverbot für Bürger des Kreises Gütersloh gibt es nicht. Die Menschen dort könnten weiter ihren Sommerurlaub planen, erklärte der Ministerpräsident. Kontrolliert wird aber gegebenenfalls die Einreise in den Kreis Gütersloh.
Das Virus habe sich insbesondere in den Betriebsteilen schnell verbreitet, in denen das Schlachtfleisch zerlegt wird. „Dort ist die Infektionszahl am höchsten“, so der Ministerpräsident. Zu möglichen Schadenersatzforderungen gegen Tönnies sagte er: „Wer den Schaden mit verursacht, der wird seinen Beitrag leisten müssen.“ Laschet kritisierte scharf das anfängliche Zögern des Firmenchefs Clemens Tönnies, die Adresslisten von Werkvertragsarbeitern herauszurücken. Das Argument von Tönnies, das sei aus Datenschutzgründen „eigentlich“ nicht möglich, sei kein Argument. Tönnies sei gemäß EU-Recht verpflichtet, die Bevölkerung zu schützen.