Den Haag. Das UN-Tribunal für Ex-Jugoslawien hat den früheren serbischen Präsidenten Milan Milutinovic vom Vorwurf der Kriegsverbrechen im Kosovo freigesprochen. Milutinovic war wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo-Krieg angeklagt.
Im ersten Urteil gegen Serben wegen Kriegsverbrechen im Kosovo ist der ehemalige serbische Präsident Milan Milutinovic am Donnerstag vom UN-Tribunal für Ex-Jugoslawien freigesprochen worden, fünf Mitangeklagte erhielten hohe Haftstrafen. Milutinovic war wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo-Krieg (1998-99) angeklagt. Es konnte ihm jedoch keine Schuld nachgewiesen werden.
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UN-Tribunal für Ex-Jugoslawien in der Endrunde
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"Der Gerichtshof befindet Sie, Milan Milutinovic, für unschuldig», sagte der Richter Iain Bonomy - und ordnete die umgehende Freilassung Milutinovics an. Die Klagevertretung hatte Milutinovic und den anderen Angeklagten neben der Vertreibung von 800.000 Zivilisten vorgeworfen, im Jahr 1999 eine «systematische Kampagne von Terror und Gewalt» in der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo gestartet zu haben, bei der hunderte albanische Zivilisten getötet wurden.
Treuer Anhänger Milosevics
Der 66-jährige Milutinovic, der von 1997 bis 2002 serbischer Präsident gewesen war, galt als treuer Anhänger des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Milutinovic hatte sich 2003 freiwillig dem Tribunal gestellt und stets seine Unschuld beteuert. Seinen Angaben zufolge hatte nicht er den Oberbefehl über das Militär und die Polizei inne, sondern Milosevic. Die Richter schlossen sich in ihrem Urteil dieser Auffassung an. «Die Kammer ist zu der Ansicht gekommen, dass Milutinovic als serbischer Präsident keine direkte Kontrolle hatte», urteilten sie. Praktisch habe Milosevic das Kommando geführt.
Milosevic war 2006 während seines Prozesses im Gefängnis des Tribunals gestorben. Ein weiterer wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagter serbischer Polizeioffizier, Vlajko Stojiljkovic, hatte 2002 noch vor seinem Prozess Selbstmord verübt. Die ersten vom UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen im Kosovo verurteilten Serben sind damit die fünf Mitangeklagten Milutinovics im Alter zwischen 53 und 67 Jahren. Sie wurden schuldig gesprochen, eine «Gewaltkampagne gegen die albanische Zivilbevölkerung» geführt zu haben.
Mord, Deportation und Zwangsumsiedlung
Der frühere jugoslawische Vize-Ministerpräsident Nikola Sainovic, der ehemalige Generalstabschef Nebojsa Pavkovic und der ehemalige Polizeichef im Kosovo, Sreten Lukic, wurden zu je 22 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah sie des Mordes, der Deportation, der Zwangsumsiedlung und der Verfolgung sowie der Kriegsverbrechen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. Der ehemalige Verteidigungsminister Dragoljub Ojdanic und der General Vladimir Lazarevic erhielten wegen Deportationen und Vertreibung Haftstrafen von jeweils 15 Jahren. Die vier bis sechs Jahre, die die fünf Verurteilten bereits im Gefängnis des Tribunals verbracht hatten, sollen ihnen angerechnet werden. Die Anklage hatte zwischen 20 Jahren Haft und lebenslänglich gefordert.
Serbische und jugoslawische Truppen hatten 1999 hunderttausende Albaner aus der damaligen serbischen Provinz Kosovo vertrieben und dies mit den Aktivitäten der separatistischen Befreiungsarmee des Kosovo begründet. Die Truppen zogen sich im Juni des Jahres zurück, nachdem die NATO Serbien drei Monate lang aus der Luft bombardiert hatte. Das Kosovo blieb daraufhin unter internationaler Verwaltung, bis es sich im vergangenen Jahr für unabhängig erklärte. (afp)