Stuttgart. .
Der umstrittene Polizeieinsatz beim Bauprojekt Stuttgart 21wird nun von einem Untersuchungsausschuss untersucht. Das hat der Landtag Baden-Württemberg am Mittwoch beschlossen. Die Opposition aus SPD und Grünen hat sich durchgesetzt.
Der baden-württembergische Landtag hat einen Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Polizeieinsatz gegen „Stuttgart 21“-Demonstranten im Stuttgarter Schlossgarten eingesetzt. Für den Antrag der SPD-Fraktion stimmte am Mittwoch geschlossen die Opposition aus SPD und Grünen. Die Regierungsfraktionen enthielten sich bei zwei Gegenstimmen. Ein Änderungsantrag der Grünen-Fraktion wurde gegen deren Stimmen mit einer Enthaltung abgelehnt.
Bei dem Polizeieinsatz am 30. September, bei dem vor und während der Baumfällarbeiten im mittleren Schlossgarten Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt wurden, waren über hundert Gegner des Bahnprojekts „Stuttgart 21“ verletzt worden, einige davon schwer. Auch Polizisten trugen Verletzungen davon.
Erste Sitzung am Donnerstag
Der Untersuchungsausschuss unter Leitung des CDU-Abgeordneten Winfried Scheuermann tritt am Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Unter anderem sollen Termine und Ablauf des Aufklärungsauftrages geklärt werden.Laut dem SPD-Antrag soll unter anderem geklärt werden, welche Ministerien zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise an den Planungen des Einsatzes beteiligt waren. Gefragt wird zudem, ob es Lagebesprechungen im Staatsministerium gegeben hat. Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte mehrmals betont, vonseiten der Landesregierung habe es keinerlei Einflussnahme auf den Einsatz gegeben. Die Ergebnisse des Ausschusses sollen bis Ende Januar 2011 vorliegen.
Die Grünen-Fraktion, die einen eigenen Antrag aufgrund der Stimmverhältnisse nicht durchsetzen konnte, hatte an dem SPD-Antrag bemängelt, dass die politische Verantwortlichkeit für den Einsatz darin nur am Rande beleuchtet werde.
Großer Image-Schaden für Stuttgart 21
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte vor der Abstimmung, kein Ereignis habe dem Bahnprojekt „Stuttgart 21“ so geschadet wie der Polizeieinsatz im Schlossgarten. Dass der Polizeieinsatz „aus dem Ruder gelaufen“ sei, daran könne kein Zweifel bestehen, wenn selbst der Ministerpräsident am Folgetag gesagt habe, dass sich solche Bilder nicht wiederholen dürften.
Die politische Verantwortung für den Einsatz müsse allein deshalb aufgearbeitet werden, da im Regierungslager bereits vor dem Einsatz „verbal aufgerüstet worden sei“, indem man pauschal Demonstranten zu Berufsdemonstranten erklärt habe, von denen zunehmende Gewaltbereitschaft zu erwarten sei. „Das ist eine völlig unnötige verbale Aufrüstung“, sagte Schmiedel an CDU-Fraktionchef Peter Hauk gerichtet. Der Grünen-Antrag enthalte nur „Schönheitsreparaturen“, die während des Verfahrens von den Grünen als Beweisanträge eingebracht werden könnten, betonte Schmiedel.
Regierungsfraktionen werfen Opposition Wahltaktik vor
CDU-Fraktionschef Hauk sagte, es sei das gute Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. „Politisch, sag“ ich ihnen ganz offen, verurteile ich diesen Ansatz“, fügte er hinzu. Es sei fragwürdig, ob dieses Instrument der Gesamtproblematik dieses Tages gerecht werde. Damit werde nur ein Teil in den Mittelpunkt gestellt, nämlich das Handeln der Landesverwaltung und der Landesregierung. „Aber die andere Seite der Beteiligten rücken Sie aus dem Blick“, sagte Hauk.
Grünen-Innenexperte Hans-Ulrich Sckerl erläuterte das Aufklärungsinteresse seiner Fraktion damit, dass es mit dem Polizeieinsatz am 30. September einen Strategiewechsel gegeben habe. Er erinnerte daran, dass die Proteste beim Abriss des Nordflügels keinen solchen Einsatz hervorgerufen hatten.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke betonte, auch seine Fraktion habe Interesse an einer Aufarbeitung. Nur habe es dazu keines Untersuchungsausschusses bedurft. „Sie wollen, dass diese Bilder, die Baden-Württemberg schaden, möglichst nicht bis zum Wahltag in Vergessenheit geraten, weil sie nämlich wahltaktische Absichten verfolgen mit diesem Untersuchungsausschuss und nichts anderes“, sagte Rülke. (dapd)