Stuttgart. .

Im Streit über das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ haben sich Befürworter und Gegner über einen Ablauf der Schlichtungsgespräche verständigt. Alle Beteiligten sollen zu allen Unterlagen Zugang erhalten und „vollkommen offen“ diskutieren können.

Im Streit über das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ haben sich Befürworter und Gegner über einen Ablauf der Schlichtungsgespräche verständigt. In dem ersten inhaltlichen Schlichtungsgespräch am Freitag werde es um die strategische Bedeutung und die Leistungsfähigkeit des Verkehrsknotens S21 und der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen gehen, sagte Schlichter Heiner Geißler am Dienstag in Stuttgart. „Wir haben die vollkommene Offenheit der Diskussionen beschlossen.“

In weiteren Sitzungen soll über das Alternativkonzept „K21“ der Gegner, die Kosten und Wirtschaftlichkeit des Projekts, den Bauablauf sowie über Ökologie und Städtebau diskutiert werden, erläuterte Geißler. Mindestens einmal pro Woche soll nun getagt werden, Ende November soll die Schlichtung abgeschlossen werden.

Alle Beteiligten sollen zu allen Unterlagen Zugang erhalten. Wie mit wettbewerbsrechtlichen Informationen, die für die Bahn besonders sensibel sind, umgegangen wird, werde vor der jeweiligen Sitzung geklärt, sagte Geißler. Den Gegnern sei zudem die Kostenübernahme für die von ihnen benannten Gutachter zugesagt worden.

Gespräche sollen live im Fernsehen und im Internet zu sehen sein

Das Gespräch am Freitag soll laut Geißler ab 10.00 Uhr „open end“ im mittleren Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses stattfinden. Alle Gespräche werden auf eine Leinwand übertragen. Zudem sollen sie live im Fernsehen (bis 17.00 Uhr) sowie im Internet zu sehen sein.

Geißler appellierte an alle Seiten, die Gespräche nicht mit unnötigen Kommentierungen zu stören: „Ich möchte alle bitten, die Interesse haben, dass so ein Sach- und Fachgespräch zustande kommt, dieses nicht zu behindern.“ Die Kritiker des Schlichtungsgesprächs propagierten einen „Alternativradikalismus“, der in der eskalierten Situation nicht weiterhelfe, sagte er in Bezug auf Äußerungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

De Maizière hatte in einem Interview die Schlichtung durch den früheren CDU-Generalsekretär kritisiert: „Es kann nicht sein, dass die handelnden Politiker die Idioten sind, und die ehemaligen Politiker sind die Heiligen.“ Schlichtung könne kein Maßstab für Großprojekte sein.

Geißler kritisierte Besetzung des Südflügels

Geißler entgegnete: „Ich will darauf hinweisen, es handelt sich um etwas Neues, um eine Innovation. Dies begreifen infolgedessen eine Reihe von Leuten nicht.“ Er wies zugleich Vorwürfe zurück, das er zu alt für dies Aufgabe sei. Er kenne viel jüngere Politiker, denen „der Kalk aus der Hose rieselt“, sagt er. Das Alters-Argument sei dumm und bleibe auch dann dumm, wenn es von einem Minister komme, fügte er hinzu.

Zudem kritisierte Geißler die Besetzung des Südflügels des Bahnhofes am Samstag scharf. „Was ich nicht akzeptieren kann, ist, dass während der Demonstrationen, für die ich mich immer eingesetzt habe, Gewalt angewendet wird. Dazu gehört auch die Besetzung des Flügels“, sagte er. Zudem bat er, von Beleidigungen abzusehen. Auch solle die Bahn am Rande der Gespräch nicht Kostenrechnungen aufstellen, die nur zu Verwirrung beitrügen, sondern dies ausschließlich während der Schlichtung tun.

Ministerpräsident Stefan Mappus und Verkehrsministerin Tanja Gönner (beide CDU) riefen beide Seiten zur Besonnenheit auf. „Wir sollten uns bemühen, nicht weiter zu emotionalisieren, um der notwendigen Versachlichung in der Debatte den Weg zu ebenen“, sagte Gönner. „Es ist ganz wichtig und wesentlich, dass alle Fakten auf den Tisch kommen und dass alle Parteien an den Tisch kommen, da alle Bürgerinnen und Bürger zurecht erwarten, dass man miteinander und nicht übereinander spricht.“ (dapd)