Berlin. .
Zu einem Aktionstag reisten heute rund 600 Stuttgart-21-Gegner aus der Schwabenmetropole in die Bundeshauptstadt, um dort gegen den unterirdischen Bahnhof in ihrer Stadt zu protestieren.
Der Protest gegen das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ hat am Dienstag Berlin erreicht. Ein Sonderzug brachte am Morgen rund 600 Gegner des Bahnhofsneubaus in Stuttgart in die Bundeshauptstadt. Dort wurden sie am Hauptbahnhof mit „Oben bleiben“-Rufen und lauter Trommelmusik von Berliner Demonstranten in Empfang genommen. Das Aktionsbündnis gegen „Stuttgart 21“ will mit dem Protest in der Hauptstadt nach eigenen Angaben die Bundesregierung in die Verantwortung nehmen, eine „zukunftsfähige Verkehrsplanung vorzulegen“ und „die Demokratie im Land zu schützen“.
Auch die Vorsitzenden der Linkspartei, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, begrüßten die Ankömmlinge aus Stuttgart. Am Pariser Platz und am Potsdamer Platz sollten im Laufe des Tages Vertreter der Grünen sprechen. Am Nachmittag waren Treffen mit den Bundestagsfraktionen von CDU und SPD geplant.
„Regierung muss Druck der Straße nachgeben“
Matthias von Herrmann, Sprecher der selbsternannten „Parkschützer“, sagte, durch den Protest in der Hauptstadt müsse Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erkennen, dass er auch „im fernen Berlin“ mit dem Projekt konfrontiert werde. „Sowohl die Landes- als auch die Bundesregierung wird dem Druck der Straße irgendwann nachgeben müssen“, gab sich von Herrmann überzeugt. Über Wochen und Monate hinweg habe das Aktionsbündnis tausende und später zehntausende Menschen auf die Straße gebracht.
Lötzsch sagte, sie bewundere „den langen Atem“ der Projektgegner. Es sei richtig, dass sie den Protest nach Berlin getragen haben, weil im Bundestag die Entscheidungen getroffen würden. Sie kündigte an, dass ihre Partei das Projekt bei den laufenden Haushaltsberatungen ansprechen werde. Ernst sagte, es gehe darum, dass die Bürger ihre eigenen Städte wieder in ihre Hände bekommen müssten. „Im Grundgesetz heißt es: Alle Macht geht vom Volke aus. Und nicht: Die Macht geht von der Deutschen Bahn aus“, sagte er.
Özdemir: „Damit wird Geld verbuddelt“
Grünen-Chef Cem Özdemir rief den Demonstranten zu, sie könnten sich sicher sein, dass sie auch im Kanzleramt und im Reichstag gehört würden. Man merke Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, wie nervös sie sei, da sie das Thema „Stuttgart 21“ schon selbst im Bundestag habe ansprechen müssen. Özdemir forderte die Bahn auf, das Projekt zu stoppen. „Verlorenem Geld wirft man kein gutes Geld hinterher“, sagte er. Mit dem geplanten Tiefbahnhof werde Geld „verbuddelt“, das dringend woanders gebraucht werde. Als Beispiel nannte er den Ausbau der Rheintalbahn oder der Strecke von Frankfurt/Main nach Mannheim
Kastanie am Kanzleramt pflanzen
In Berlin will das Aktionsbündnis unter anderem eine Kastanie in der Nähe des Kanzleramtes pflanzen. Die Aktion sei als Mahnung gegen Polizeigewalt und die Abholzung von Bäumen im Stuttgarter Schlossgarten gedacht. Die Polizei hatte ihr hartes Vorgehen gegen die Demonstranten in Stuttgart, bei dem auch Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt wurden, damit begründet, dass sie mit Pflastersteinen beworfen worden sei. Nach Angaben der Demonstranten wurden lediglich Kastanien geworfen.Bei „Stuttgart 21“ soll der Stuttgarter Hauptbahnhof für 4,1 Milliarden Euro von einem Kopf - in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden. In den vergangenen Wochen protestierten bei regelmäßigen Demonstrationen in Stuttgart mehrfach Zehntausende Menschen. (dapd)