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Die geplante Erhöhung der Tabaksteuer nimmt konkrete Formen an: Bis 2014 soll der Preis für eine Schachtel Zigaretten jährlich um vier bis acht Cent steigen. Allein im kommenden Jahr soll das der Staatskasse 200 Millionen Euro bringen.
Berlin (dapd). Raucher müssen in den kommenden Jahren erneut mehr Geld für Zigaretten aufbringen. Die Bundesregierung plant eine stufenweise Anhebung der Tabaksteuer, um Einnahmeausfälle durch eine Entlastung der Wirtschaft bei der Ökosteuer auszugleichen. Die Koalitionsspitzen haben am Sonntagabend beschlossen, die Rabatte für Firmen, die besonders viel Energie verbrauchen, nicht so drastisch zu kürzen wie zunächst geplant.
Der Preis für eine Schachtel Zigaretten soll daher nach Angaben des Finanzministeriums vom Montag ab 2011 über einen Zeitraum von fünf Jahren um jährlich vier bis acht Cent steigen. Eine 40-Gramm-Packung Feinschnitttabak soll steuerlich mit zusätzlich 12 bis 14 Cent pro Packung und Jahr belastet werden. Bei Zigarillos wird mit einer Anhebung in zwei Schritten gerechnet, zunächst um bis zu 40 Cent und später um bis zu 15 Cent.
Der Staat nimmt 13 Milliarden aus der Tabaksteuer ein
Das Aufkommen aus der Tabaksteuer wird laut Ministerium derzeit auf gut 13 Milliarden Euro beziffert. Eine Erhöhung soll im kommenden Jahr rund 200 Millionen Euro mehr in die Kasse spülen. Für das Jahr 2012 wird mit 500 Millionen Euro mehr rechnet. Bis 2013 sollen die Mehreinnahmen dann auf rund eine Milliarde Euro ansteigen. Regierungssprecher Steffen Seibert bezeichnete die Erhöhung der Tabaksteuer als „maßvoll“.
Das Geld soll die Lücke schließen, die der Ökosteuerkompromiss in den Haushalt reißt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte die Ökosteuerrabatte ursprünglich drastisch kürzen, um für den Bund nächstes Jahr eine Milliarde Euro und ab 2012 rund 1,5 Milliarden Euro mehr in die Kasse zu bekommen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte jedoch vor dem Verlust von bis zu 870.000 Jobs in Gießereien, Zementwerken oder der Chemieindustrie gewarnt.
Regierung will Sparpaket umsetzen
Das Finanzministerium geht davon aus, dass die nun beschlossenen Korrekturen dem Bund 2011 zusätzliche Belastungen in Höhe von 550 Millionen Euro bringt, in den darauf folgenden Jahren jeweils 580 Millionen Euro. Die Regierung geht dennoch davon aus, dass die Pläne von Schwarz-Gelb, das Haushaltsdefizit bis 2014 um insgesamt 80 Milliarden Euro zu reduzieren, nicht gefährdet sind. Seibert versicherte: „Das Sparpaket wird zu 100 Prozent umgesetzt.“
Union und FDP wollen ferner Vereinfachungen im Steuersystem vornehmen und die Bürger damit um rund 500 Millionen Euro entlasten. Am 9. Dezember wollen die Koalitionsspitzen über Einzelheiten beraten. Mehr als 90 Vorschläge etwa zu Pauschalierungen liegen Finanzminister Schäuble bereits vor und werden derzeit geprüft. Das Gesetz sollen spätestens 2012 in Kraft treten. Im November soll zudem noch über eine Reform der Mehrwertsteuer beraten werden.
Kritik von der Opposition
Die Opposition kritisierte die Ökosteuer-Entscheidung von Union und FDP scharf. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nannte es „abenteuerlich“, die Zigarettenraucher zur Gegenfinanzierung heranzuziehen. So könnten etwa beim Kraftstoffverbrauch von Dienstfahrzeugen zwei Milliarden Euro eingespart werden, wenn auf spritfressende Geländewagen - „Viagra in Chrom“ - verzichtet werde, schlug er vor.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, passend zu ihrem ersten Jahrestag liefere die Regierung ein „Medley der besten Kabinettstückchen aus einem Jahr Politik für kapitalstarke Lobbys“. Schwarz-Gelb ist am Donnerstag ein Jahr im Amt. Özdemir sagte, das Motto der Steuervorhaben laute „Rauchen für die Konzerne“. Er kritisierte, die Regierung protegiere ökologisch schädliche Subventionen und verabschiede sich damit endgültig vom Klimaschutz.
Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch warnte angesichts des Ökosteuernachlasses für die Großindustrie vor einer Aushöhlung der Demokratie. Die Bundesregierung sei nun vor einer weiteren Lobbygruppe eingeknickt, sagte sie. Statt eine Steuerpolitik im Sinne des Normalverdieners zu machen, würden die entgangenen Steuereinnahmen nun über die Tabaksteuer „umgewälzt auf die breite Masse“. (dapd)