Rom. Jahrelang galt er als persona non grata in der westlichen Welt: Inzwischen wird der libysche Staatschef unter anderem wegen der Rohstoff-Vorkommen in seinem Land durchaus hofiert: derzeit in Italien. Dass Gaddafi allerdings eine Rede im Senat halten soll, sorgt für innenpolitischen Zoff.

Mit Unmut über eine geplante Rede vor dem Senat hat der Besuch des libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi in Italien begonnen. Die oppositionelle Demokratische Partei (PD) kündigte am Mittwoch an, dass ihre Senatoren Gaddafis Ansprache am Donnerstag boykottieren würden. Gaddafi sagte, beide Länder hätten eine «neue Seite der Freundschaft» aufgeschlagen.

Anna Finocchiano von der linksbürgerlichen PD, der größten Oppositionspartei, sagte, die Senatoren würden der für Donnerstagvormittag angesetzten Rede Gaddafis fernbleiben. Auch die Partei Italien der Werte (IDV) des ehemaligen Anti-Korruptionsrichters Antonio di Pietro äußerte scharfe Kritik. Dem «Diktator» Gaddafi werde eine Rede vor der Parlamentskammer erlaubt, während der Dalai Lama dort vor zwei Jahren nicht habe sprechen dürfen, erklärte der Vorsitzende der IDV-Senatoren, Felice Belisario.

Auch Widerspruch aus Berlusconis Partei

Benedetto Della Vedova von der konservativen Partei Volk der Freiheit (PDL) des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sagte, die Rede Gaddafis vor dem Senat scheine «weder gerechtfertigt noch angebracht». Gaddafi sei kein demokratisch gewählter Politiker und könne damit auch schwerlich vor dem demokratisch gewählten italienischen Parlament sprechen.

Gaddafi sagte nach einem Gespräch mit Italiens Präsident Giorgio Napolitano, in den Beziehungen beider Länder sei «die Seite der Vergangenheit umgeschlagen» worden. Damit bezog er sich auf die Unterzeichnung eines Abkommens vom vergangenen August, mit dem nach jahrzehntelangen diplomatischen Spannungen ein Schlussstrich unter die italienische Kolonialherrschaft (1911-1942) in Nordafrika gezogen werden soll.

In den kommenden Jahren sind laut dem Abkommen als Entschädigung italienische Investitionen im Gesamtumfang von fünf Milliarden Dollar in Libyen geplant. Im Gegenzug sagte Libyen zu, stärker gegen illegale libysche Migranten vorzugehen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, mit dem Besuch Gaddafis werde ein «schmutziges Abkommen» gefeiert, das die Rechte von Flüchtlingen und Migranten mit Füßen trete.

Bei seiner Ankunft in Rom trug Gaddafi an seiner Paradeuniform ein Foto von der Festnahme des libyschen Widerstandskämpfers Omar el Mochtar im Jahr 1931. Der auch «Wüstenlöwe» genannte Mochtar war Anfang der 30er Jahre Anführer der Widerstandsbewegung gegen die italienische Kolonialherrschaft. Am Flughafen Rom-Ciampino wurde Gaddafi von Berlusconi begrüßt. Während seines dreitägigen Aufenthalts wollte der libysche Revolutionsführer auch die Präsidenten beider Parlamentskammern sowie Unternehmenschefs und Wirtschaftsvertreter treffen. (afp)

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