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Ein weites Themenfeld deckt Harry K. Voigtsberger als neuer Landesminister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr ab. Im DerWesten-Gespräch kündigt er neue Hilfen für die Gebäudesanierung an und fordert mehr Qualität im Nahverkehr.


Ist bei der Risikovorsorge für die WestLB das Ende der Fahnenstange erreicht?

Harry K. Voigtsberger: Angesichts ausgelagerter Papiere im Wert von rund 80 Milliarden Euro wäre es unklug, ein Ende der Fahnenstange auszurufen. Diese Landesregierung hat angesichts möglicher Risiken wie ein ehrbarer Kaufmann gehandelt und die viel zu geringen Rückstellungen ihrer Vorgänger im Haushalt deutlich erhöht.

Wäre der Standort Düsseldorf bedroht, wenn die WestLB als Juniorpartner mit der Bayern LB zusammengehen würde?

Den Standort sehe ich nicht bedroht, denn die WestLB wird auch nach einer Fusion stark am Bankenstandort Düsseldorf präsent und für den Standort Nordrhein-Westfalen von großer Bedeutung sein. Das ist wichtig, weil unser Land eine schlagkräftige Bank braucht, die in allen Wirtschaftsregionen der Welt vertreten ist. Der Finanzplatz NRW ist im Übrigen immer noch mit zahlreichen Instituten exzellent aufgestellt; über 350 Kreditinstitute haben ih­ren Sitz in unserem Bundesland.

In welchen Wirtschaftszweigen sehen sie die industrielle Zukunft des Landes NRW mit der Chance auf mehr Ar­beitsplätze?

Unsere Wirtschaftspolitik wird sich auf Leitmärkte konzentrieren. Dazu gehören vor allem die Märkte für Energie, Mobilität, Gesundheit, Investitionsgüter und neue Werkstoffe sowie Informations- und Kommunikationstechnologien. Dies sind Wirtschaftszweige, die in den kommenden Jahren weltweit stark expandieren werden und in denen neue Arbeitsplätze entstehen. Ich sehe NRW als Motor für die Entwicklung, Umsetzung und den Absatz umweltfreundlicher Technologien und nachhaltiger Innovation – „Industrie und Nachhaltigkeit“ ist unser Leitbild! Da­bei wollen wir Industrieland bleiben im Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen, um politische Desaster wie „Stuttgart 21“ zu vermeiden.

Die energetische Sanierung von Häusern lässt derzeit einige Häuslebauer zittern. Was halten Sie von einer Abrissprämie?

Was private Bauherrn an­geht, halte ich nichts von einer Abrissprämie. Es gibt zahlreiche gute Beispiele dafür, wie sich auch Häuser etwa aus der unmittelbaren Nachkriegszeit energetisch bis auf zeitgemäße Energieeinsparziele modernisieren lassen. Abriss wäre hier der falsche Weg. Wir wollen in Nordrhein-Westfalen das Thema Klimaschutz anpacken. Deshalb werden wir bereits im kommenden Jahr gezielt 200 Millionen Euro bereit stellen, um die Quote für energetische Sanierungen im geförderten Wohnungsbau zu steigern. Wichtig ist mir, dass die Mieten und finanziellen Belastungen nach der Modernisierung für die Nutzer sozial tragbar bleiben. Ich werde mich mit allen Mitteln dagegen wehren, dass die Mieter – wie von der Bundeskanzlerin angekündigt – die Sanierungsausnahmen für die Hauseigentümer finanzieren sollen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Überholverbot für Lastwagen bestätigt. Gibt es Pläne im Verkehrsministerium, die Überholverbote für Lkw auszudehnen?

Temporäre LKW-Überholverbote sind grundsätzlich ein geeignetes Instrument, um auf bestimmten Autobahnabschnitten die Verkehrssicherheit zu erhöhen. In NRW sind die Überholverbote im Allgemeinen zeitlich begrenzt, also nur auf die verkehrsreichen Stunden des Tages beschränkt (6-19 Uhr). Es wird kontinuierlich geprüft, ob zusätzlich zu den bisherigen rund 1200 Streckenkilometern weitere Ab­­schnitte mit einem LKW-Überholverbot versehen werden.

Bereitet Ihnen das lange Tauziehen um den Verkehrsvertrag zwischen Bahn und VRR Sorgen?

Ja, das tut es, denn wir brauchen möglichst bald Rechtssicherheit darüber, wie es zwischen VRR und DB weitergeht. Die Qualität für die Fahrgäste muss sich nachhaltig verbessern.

Was kann die Landesregierung tun, damit die Kunden endlich Sicherheit haben, dass die Züge auch in Zukunft rollen?

Die Landesregierung unterstützt den VRR bei der Umsetzung des Regionalexpress-Konzepts, zu dem unter anderem ein zusätzlicher sechster Wagen beim RE 1 (Hamm- Aachen) und RE 5 (Koblenz - Köln - Duisburg - Düsseldorf - Emmerich) gehört sowie Direktverbindungen von Münster nach Düsseldorf und Mönchengladbach in das Ruhrgebiet.