Berlin. .

Die Rede des Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit sorgt immer noch für Diskussionen. Der Satz „Der Islam gehört inzwischen zu Deutschland“ hat für Unruhe gesorgt. Einige in der Union sind irritiert. Sie wollen den Satz nicht unkommentiert stehen lassen. Wulff und seine Kritiker – ein Fakten-Check.

Vorneweg, wer sind die Kritiker?

Sie kommen aus der CSU und aus der CDU. „Die Rede kam an der Basis nicht gut an“, erzählte der CDU-Abgeordnete Norbert Schindler seinen Kollegen. Auch die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner stellte klar, „der Islam ist nicht das Fundament unserer Gesellschaft“. Als erster hatte sich CSU-Mann Norbert Geis geregt. Man könne Wulffs Rede so deuten, dass der Islam zu Deutschland gehöre wie das Christentum und Judentum. „Das kann nicht ganz richtig sein“, warnte Geis. Denn: „Unsere Kultur ist ja gerade jüdisch-christlich geprägt.“

Hat Wulff das überhaupt in Abrede gestellt?

Der Bundespräsident hat nicht erklärt, dass der Islam das Fundament der Gesellschaft sei. Er hat die Frage erörtert, wer sich zugehörig fühlen darf. Die Antwort wollte Wulff nicht auf Pass, Familiengeschichte oder Glauben verengen. Für ihn ist klar, dass der Islam dazugehört und dass er der Präsident der deutschen Muslime sei: „Ja natürlich.“

Ist der Islam unsere Leitkultur?

„Die Leitkultur ist die christlich-jüdische-abendländische Kultur. Sie ist nicht die islamische und wird es auch nicht in Zukunft sein“, betonte der Chef der CSU-Landesgruppe, Hans-Peter Friedrich. Allein, von einer Leitkultur hatte Wulff nicht geredet. Ausdrücklich hat er sich auf das Grundgesetz berufen und damit auf die Werte, die in der Verfassung verankert sind: Die Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit oder auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Er erwartet von den Muslimen, dass sie diese Werte auch akzeptieren. Das ist der Islam, von dem Wulff sprach.

Wie interpretiert die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel den Präsidenten?

Hierzulande lebten viele Muslime. Der Islam sei eine Religion, die hier gelebt und praktiziert werde. Das habe Wulff gemein. Das Land habe sich verändert gegenüber den 50er oder 60er Jahren. Merkel: „Das gehört zur Realität.“ Man müsse sich aus der Stärke der eigenen Religion heraus mit dem Islam auseinandersetzen. Es sei noch unglaublich viel zu tun: „Wir brauchen einen eigenständigen Religionsunterricht, wir brauchen Imame, die Deutsch können und nicht alle drei Jahre neu aus der Türkei kommen.“ Merkel versucht, die Debatte zu beruhigen, zu versachlichen, zur Not auch: Wulff zu banalisieren. Aber Fakt ist, dass er den Islam in einem Atemzug mit den anderen beiden Religionen genannt hat. Das ist einigen schon zu viel, zum Beispiel der bayrischen Sozialministerin Christine Haderthauer. Sie sagt, „aus Religionsfreiheit darf keine Religionsgleichheit werden“.

Wie geht es weiter?

Wulff hat einen Stein ins Wasser geworfen und sieht, wie der nun Kreise zieht. Heute wird der Bundestag über Integration diskutieren. In zwei Wochen besucht Wulff die Türkei, das Herkunftsland der meisten deutschen Muslime.