Brüssel. In mehreren der 27 EU-Mitgliedsstaaten mussten Sozialdemokraten und Sozialisten herbe Verluste hinnehmen. Dagegen konnten vor allem bürgerliche Parteien Zugewinne verbuchen: Neben Deutschland trifft dies für Österreich, Bulgarien, Zypern, Frankreich, Großbritannien und Italien zu.

Bei der Auszählung der Europawahl in den 27 Staaten der Gemeinschaft sind die bürgerlichen Parteien am Sonntagabend in Führung gegangen. In Deutschland, Frankreich, Österreich, Bulgarien und Zypern wurden die bürgerlichen Parteien stärkste politische Kraft. Erwartet wurde dies auch unter anderem auch in Großbritannien und Italien, wo zunächst noch keine Ergebnisse vorlagen.

In Deutschland können können CDU/CSU und FDP dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl am 27. September nach dem Ergebnis der Europawahl eine schwarz-gelbe Koalition ins Auge fassen - die Union kam nach Hochrechnungen auf 38,1 Prozent, die FDP auf 10,9 Prozent. Hingegen sank die SPD noch unter ihr Rekordtief von 2004 und erzielte mit 20,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl seit Kriegsende.

Dies trifft auch auf die Sozialdemokraten in Österreich zu, die nur noch 23,8 Prozent der Stimmen erhielten. Die zusammen mit der SPÖ regierende Österreichische Volkspartei (ÖVP) wurde mit 29,7 Prozent stärkste Partei. Auf den dritten Platz kam die Liste des EU-Skeptikers Hans Peter Martin mit 17,8 Prozent vor der rechtsgerichteten FPÖ.

Cohn-Bendit in Frankreich auf Platz drei

In Frankreich kam die konservative Regierungspartei UMP nach Ergebnissen erster Wählernachfragen auf einen Anteil von 28,3 Prozent. Für die Sozialistische Partei stimmten nur 16,8 bis 17,5 Prozent. Die Liste des Grünenpolitikers Daniel Cohn-Bendit wurde mit 14,8 bis 15,1 Prozent drittstärkste Partei.

In Bulgarien gewann die konservative Oppositionspartei GERB nach dem Ergebnis von Wählernachfragen mit einem Anteil von 25,5 Prozent. Die regierenden Sozialisten erreichten nur 19,7 Prozent. In Zypern wurde die konservative Demokratische Versammlung (DISY) im griechischen Teil der Insel, der allein der EU angehört, stärkste Kraft vor der linksgerichteten Fortschrittspartei des Werktätigen Volkes (AKEL).

Gegen den Trend wurde die sozialistische PASOK in Griechenland offenbar stärkste Partei. Nach ersten Wählernachfragen kam sie auf 36 bis 39,5 Prozent, während die konservative Regierungspartei zwischen 30 und 33 Prozent erhielt. Auch im kleinen Mittelmeerstaat Malta gewann die linksgerichtete Arbeiterpartei.

Weniger als die Hälfte gingen zur Wahl

In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren 736 Abgeordnete zu wählen. Den Auftakt machten schon am Donnerstag die Niederlande und Großbritannien, am Freitag und Samstag folgten sechs weitere Länder. Am Sonntag wurde noch in 19 Ländern gewählt, so auch in Deutschland.

Wahlberechtigt waren insgesamt 375 Millionen EU-Bürger, doch machten nur 43,0 Prozent davon Gebrauch - so wenige wie nie zuvor bei einer Europawahl. Bei der letzten Wahl 2004 waren es noch 45,5 Prozent gewesen. Die Bundesbürger liegen genau im EU-Durchschnitt von 43 Prozent, in Frankreich waren es nur 38 bis 40 Prozent, in Österreich 42,4 Prozent.

Das Web-Portal predict09.eu veröffentlichte eine Prognose, wonach die Konservativen 262 Mandate im Europaparlament gewinnen. Für die Sozialisten wurden 194 und für die Liberalen 85 Sitze vorhergesagt. Im bisherigen EU-Parlament hatte die konservative Fraktion der EVP 288 Mandate. Bei den Sozialdemokraten der EVP waren es 217 und bei den Liberalen 100 Sitze.