Berlin. .

Die Grünen steigen weiter in der Beliebtheit der Wähler. Laut der jüngsten Umfrage würden 24 Prozent Grün wählen - so viele wie die SPD. Die Grünen erheben schon den Führungsanspruch. Die SPD versucht, den „Höhenflug“ zu dämpfen.

Die Grünen schlagen angesichts ihres Höhenflugs neue Töne an. In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage erreicht die Partei auf Bundesebene eine Rekord-Zustimmung von 24 Prozent und ist damit gleichauf mit der SPD. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht seine Partei bereits als neuen Hauptgegner der CDU - anstelle der Sozialdemokraten. Die politische Konkurrenz wiegelte dagegen ab. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, die Grünen stünden nur so gut da, weil sie auf Landesebene wenig Verantwortung trügen und keine unangenehmen Entscheidungen treffen müssten.

Bei der Bundestagswahl vor einem Jahr hatten die Grünen im Bund einen Stimmenanteil von 10,7 Prozent erreicht - ihr bis dahin bester Wert auf Bundesebene und doch eine Enttäuschung. Schließlich wurden sie nur fünft- statt wie erhofft drittstärkste Kraft. In den vergangenen Monaten legte die Partei in Umfragen kontinuierlich zu. In dem am Mittwoch veröffentlichen wöchentlichen Forsa-Wahltrend des Magazins „Stern“ und des Fernsehsenders RTL erreichten die Grünen nun den neuen Spitzenwert von 24 Prozent - ebenso viel wie die SPD. Wäre jetzt Wahl, könnten beide Parteien gemeinsam mit der absoluten Mehrheit der Mandate rechnen.

Am stärksten ist die FDP abgestürzt

Die regierende Koalition dagegen kommt zusammen nur auf 34 Prozent. Für die Union würden laut Umfrage nur noch 29 Prozent der Wähler stimmen - sie liegt fast fünf Punkte unter ihrem mageren Resultat von 33,8 Prozent vor einem Jahr. Am stärksten aber ist im Vergleich mit der Bundestagswahl die FDP abgestürzt: Zum dritten Mal in Folge kommt sie auf fünf Prozent. Seit der Wahl vor einem Jahr, als sie mit einem Rekordergebnis von 14,6 Prozent triumphierte, hat sie zwei Drittel ihrer Wähler verloren.

Trittin sieht angesichts der Entwicklung bereits eine langfristige Verschiebung der Wählerstimmung. In den nächsten Wahlkämpfen werden sich seiner Ansicht nach nicht mehr CDU und SPD als Hauptgegner gegenüberstehen, sondern CDU und Grüne. Er habe „mit Interesse“ zur Kenntnis genommen, dass CDU-Chefin Angela Merkel die Grünen von Atom bis „Stuttgart 21“ als ihren eigentlichen Gegner sehe, sagte Trittin und betonte: „Diese Herausforderung nehmen wir gerne an.“ Es gebe in Deutschland derzeit eine klare Alternative in der Energiepolitik. „Das eine Modell ist von der CDU und steht für Atom, das andere ist von den Grünen und steht für erneuerbare Energien“, sagte Trittin.

SPD dämpft „Höhenflug“ der Grünen

Auch in den Ländern mit anstehenden Wahlen sind die Grünen im Aufwind. Jüngste Umfragen bescheinigten ihnen in Baden-Württemberg eine Zustimmung von 27 Prozent, in Berlin sogar 28 Prozent. Trittin stellte klar, die Führungsfrage beantworte sich von selbst, sollten die Grünen bei künftigen Wahlen in diesen Ländern mehr Stimmen bekommen als die SPD. „Bis zur Wahl gibt es einen sportiven Wettbewerb“, sagte er, „dann guckt man, ob man eine Basis für eine gemeinsame Regierung hat, und dann stellt der Stärkere den Regierungschef, so einfach ist das.“

Die SPD dämpfte den Führungsanspruch ihres bisherigen kleinen Koalitionspartners. Oppermann bezeichnete den Höhenflug der Grünen als „erstaunlich“. Schließlich habe die Partei gar nicht „so scharfe programmatische Kanten“. Die Grünen seien „im Augenblick eine Art Projektionsfläche für viele Hoffnungen und Wünsche, für viele bürgerliche Wähler auch, für liberale und sozialdemokratische Wähler“. Davon profitiere die Partei. „Sie profitieren auch davon, dass sie bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen nur in Hamburg und im Saarland Verantwortung trugen“, sagte er. Bundesweit schlage sich das nicht nieder. Die Grünen müssten eben „keine unangenehmen Entscheidungen treffen“. (dapd)