Memmingen. .

Im Prozess um das CIA-Entführungsopfer Khaled El Masri hat das Gericht den Antrag abgewiesen, Bundeskanzlerin Angela Merkel vernehmen zu lassen. El Masris Anwalt gibt der Bundesregierung eine Mitschuld am Verhalten seines Mandanten.

Im Körperverletzungs-Prozess gegen das CIA-Entführungsopfer Khaled el Masri ist die Verteidigung mit dem Versuch gescheitert, Bundeskanzlerin Angela Merkel vernehmen zu lassen. Anwalt Manfred Gnjidic verlangte am Dienstag vor dem Landgericht Memmingen zudem die Befragung von Außenminister Guido Westerwelle sowie von dessen Vorgängern Frank-Walter Steinmeier und Joschka Fischer. Damit wolle er beweisen, dass die Bundesregierung nichts für seinen Mandanten getan habe, erklärte Gnjidic.

Alle vier sollten laut dem Antrag an ihren Amtssitzen vernommen werden. Die Vorsitzende Richterin, Brigitte Grenzstein, kommentierte den Antrag leicht ironisch: Warum denn an deren Amtssitzen - sie habe die vier schon lange kennenlernen wollen. Das Gericht lehnte den Beweisantrag nach kurzer Beratung ab.

El Masri werden vorsätzliche Körperverletzung und versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Er war laut Anklage am 11. September vergangenen Jahres in das Büro des Neu-Ulmer Bürgermeisters Gerold Noerenberg gestürmt und hatte auf diesen eingeschlagen. Zudem soll er versucht haben, einen Stuhl auf den Politiker zu werfen.

Über zwei Jahre Haft gefordert

Die Staatsanwaltschaft hat zwei Jahre und drei Monate Haft für den 46-Jährigen gefordert. Staatsanwalt Andreas Rossa sah es in seinem Plädoyer als erwiesen an, dass sich der Deutsch-Libanese der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht habe. El Masris Verteidiger Manfred Gnjidic plädierte dagegen auf Einstellung des Verfahrens wegen „Verletzung der Rechtsstaatlichkeit“.

Die Verteidigung stellt im Prozess bisher vor allem auf zwei Dinge ab: Zum einen darauf, dass el Masri Noerenberg nicht mit dem Stuhl attackieren wollte, was eine versuchte gefährliche Körperverletzung wäre, und zum anderen darauf, dass el Masri nach seiner Entführung durch den US-Geheimdienst CIA von Deutschland im Stich gelassen wurde. „Er sieht sich als Opfer auf dem Altar der gepflegten deutsch-amerikanischen Beziehungen“, sagte Gnjidic. In Bürgermeister Noerenberg habe el Masri einen Repräsentanten der Staatsgewalt gesehen und sich deswegen von ihm Unterstützung erwartet.

Der Angeklagte schweigt und will schreiben

El Masri wurde laut Münchner Staatsanwaltschaft im Dezember 2003 von CIA-Agenten nach Afghanistan verschleppt und dort fünf Monate gefangen gehalten. Er gilt als traumatisiert und fiel wegen Gewaltausbrüchen und Drohungen auf. Im Mai 2007 fuhr er in Neu-Ulm mit seinem Auto in einen Metro-Markt und legte Feuer. Außerdem schlug er während einer Fortbildung einen Ausbilder krankenhausreif. Dafür wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

El Masri schwieg in dem Prozess bisher weitgehend, kündigte aber einen Brief an das Gericht an. Dieser sollte am Dienstagvormittag bei Gericht eingehen. Grenzstein kündigte in der Verhandlung an, auf das Schreiben warten zu wollen. Noch für Dienstag wurden Plädoyers und Urteil erwartet. (apn)