Freiburg. .

Die katholische Kirche in Deutschland will gegen den sexuellen Missbrauch zu Felde ziehen. Erzbischof Robert Zollitsch zufolge soll ein Sonderbeauftragter sich des Themas annehmen. Zudem will die Kirche enger mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.

Die katholische Kirche in Deutschland will künftig mehr tun, um den sexuellen Missbrauch von Kindern in den eigenen Reihen zu verhindern oder aufzuklären. „Wir haben das Ausmaß der Verfehlungen unterschätzt“, räumte Erzbischof Robert Zollitsch am Donnerstag zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freiburg ein. Mit dem Maßnahmenkatalog, den der Vorsitzende der Bischofskonferenz zur Aufdeckung und Prävention von Missbrauch ankündigte, wollen die in die Kritik geratenen Bischöfe das Heft des Handelns in die Hand nehmen.

Mehr Kontakt zu zivilen Opfer-Einrichtungen

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, kündigte an, die katholische Kirche wolle sexuellen Missbrauch intensiver bekämpfen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, kündigte an, die katholische Kirche wolle sexuellen Missbrauch intensiver bekämpfen. © APN

Zollitsch, der zum Auftakt des Treffens der Bischöfe am Montag in Freiburg auf bohrende Fragen noch im Vagen blieb, kündigte jetzt eine Reihe von Neuerungen an, die den Kritikern der Kirche den Wind aus den Segeln nehmen sollen. Das Signal: Die katholische Kirche geht das Tabu-Thema Kindesmissbrauch nun offensiv an. Der Bischof von Trier, Stephan Ackermann, wird zum Sonderbeauftragten für sexuellen Missbrauch in der Kirche und erhält dazu ein eigenes Büro im Sekretariat der Bischofskonferenz. Überdies richtet die Bischofskonferenz eine bundesweite Hotline zu Informationen in Fragen des sexuellen Missbrauchs ein.

Laut Zollitsch suchen die Bischöfe nun auch den Kontakt zu zivilen Opfer-Einrichtungen. „Wir wollen von ihnen lernen und klarer erkennen, was der Kirche zur Prävention sexuellen Missbrauchs in ihrem eigenen Bereich möglich ist und abverlangt wird“, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Zu dieser Prävention sollen künftig auch „bessere Hilfen zur Stärkung der psychosexuellen Reife“ angehender Priester dienen.

Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden

Zudem soll die zuletzt von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte Zusammenarbeit mit Staatsanwälten bei Missbrauchsfällen intensiviert werden. In den sogenannten Fuldaer Leitlinien der Kirche von 2002 heißt es dazu noch, dass selbst „in erwiesenen Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger“ nur „gegebenenfalls“ ein „Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gesucht“ werde.

Zollitsch sicherte nun zu, dass die Strafverfolgungsbehörden bei ihrer Arbeit künftig „aktiv“ unterstützt und Staatsanwaltschaften „frühzeitig“ eingeschaltet würden. Insofern sieht der Freiburger Erzbischof einem vereinbarten Treffen mit Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gelassen entgegen. Der Konflikt mit der Ministerin um die Zusammenarbeit von Kirche und Justiz sei „beendet“, sagte Zollitsch in Freiburg. Der Vorsitzende der Konferenz, Robert Zollitsch, sprach am Donnerstag von akzeptablen Klarstellungen in einem Brief der FDP-Politikerin. Der Streit hatte auch zu neuen Misstönen in der schwarz-gelben Bundesregierung geführt.

Leutheusser-Schnarrenberger eckt weiter an in Regierungskreisen

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stößt wegen ihrer Kirchenkritik auf Gegenwind in Teilen der CDU und FDP.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stößt wegen ihrer Kirchenkritik auf Gegenwind in Teilen der CDU und FDP. © ddp

Leutheusser-Schnarrenberger hatte am Montag vor dem Hintergrund der jüngst bekanntgewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch gesagt, sie erwarte, „dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mitaufklären“. Bisher habe sie nicht den Eindruck, dass sie „ein aktives Interesse an wirklich rückhaltloser und lückenloser Aufklärung gezeigt haben“. Zollitsch hatte sie daraufhin ultimativ zur Rücknahme ihrer Äußerungen aufgefordert und sich bei Kanzlerin Angela Merkel beschwert.

In der Bundesregierung sorgte die Kritik Leutheusser-Schnarrenbergers für neuen Unmut zwischen den Koalitionspartnern. Unionspolitiker warfen der FDP-Politikerin Respektlosigkeit und unberechtigte Kritik an der katholischen Kirche vor. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die FDP-Politikerin gehe eindeutig zu weit, wenn sie den falschen Eindruck erwecke, die Kirche behindere eine Aufklärung der Missbrauchsfälle.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft München II wegen der Missbrauchsvorwürfe im Internat des Klosters Ettal ein Ermittlungsverfahren gegen einen Klosterangehörigen eingeleitet. Es gehe dabei um sexuellen Missbrauch von Kindern, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Eduard Meyer. Die Vorwürfe seien eindeutig noch nicht verjährt, genauere Angaben zu Zeitpunkt oder Umfang machte er nicht. Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen aus eigenem Antrieb infolge der jüngsten Medienberichte aufgenommen, Anzeigen lägen derzeit nicht vor. Das Kloster kooperiere bei den Ermittlungen. (afp/apn)