Punjab. .
In Pakistan weitet sich die Flutkatastrophe aus. Während das Hochwasser im Nordwesten des Landes langsam zurückgeht, sind nun nach Angaben von Hilfsorganisationen auch die südlicheren Landesteile bedroht.
In der Provinz Punjab seien schon Hunderte Dörfer zerstört, entlang des Flusses Indus bereits 200.000 Menschen evakuiert worden. Von den Überschwemmungen sind nach Schätzungen der UNO mehr als 3,2 Millionen Menschen betroffen. Mindestens 1.500 Menschen kamen ums Leben. Zahlreiche Familien wurden nach Angaben von Unicef getrennt, Kinder zu Waisen.
Auch in den nördlichen Landesteilen bleibt die Lage kritisch. Das katholische Hilfswerk Misereor verwies auf anhaltende starke Niederschläge in der Katastrophenregion. Noch immer seien viele Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Sie suchten Hilfe in Sammelstellen wie Schulen, Krankenhäusern oder anderen öffentlichen Einrichtungen, soweit diese nicht durch Erdrutsche oder Schlammlawinen zerstört wurden. „Ganze Dörfer wurden weggespült, Stromleitungen mitgerissen, Brücken und Zufahrtstraßen zerstört“, berichtete Länderreferentin Anna Dirksmeier. „Zahllose Flutopfer befinden sich auf der Flucht. Die meisten konnten nur die Kleidung auf ihrem Leib retten.“
Flutwelle trifft Menschen unvorbereitet
Immer noch trafen die Überschwemmungen die Menschen in einigen Dörfern völlig unvorbereitet. „Niemand hat damit gerechnet, niemand hat uns gewarnt. Die Flutwelle kam ganz plötzlich und zerstörte alles“, berichtete der Teeverkäufer Allah Diwaya in der Stadt Kot Addu. Dort konnten die Behörden nach eigenen Angaben gerade noch verhindern, dass das Kraftwerk, eines der größten des Landes, überflutet wurde. Die Wetterdienste rechneten für Freitag mit weiterem Regen.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beklagte, dass zerstörte Verkehrswege nach wie vor die schnelle medizinische Hilfe erschwerten. In den Hochwassergebieten wachse die Seuchengefahr weiter. Mit Blick darauf teilte die Kinderhilfsorganisation World Vision mit, im Gebiet Lower Dir sei eine erste Klinik eröffnet worden, die betroffenen Familien eine medizinische Grundversorgung biete.
Weitere sechs Gesundheitsstationen in der Region will das Hilfswerk unterstützen. „Wir erleben einen regelrechten Ansturm auf die Klinik“, erklärte die Ärztin Sheraz Iqbal von World Vision Pakistan. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind völlig ausgemergelt und hungrig.“ Lower Dir ist ein Konfliktgebiet, in dem die meisten Krankenhäuser schon vor der aktuellen Überschwemmung beschädigt worden waren.
Minister spenden Monatsgehalt
Auch in Sindh erreichten die Wasserpegel nach UN-Angaben eine kritische Marke. Sollten sie weiter steigen, sei der Staudamm in Sukkur akut in Gefahr, sagte der Sprecher des UN-Koordinationsbüros für humanitäre Hilfe, Maurizio Giuliano. Nach Schätzung von Zivilschutzchef Sualeh Farooqi dürften die Überschwemmungen am Wochenende das für die Landwirtschaft wichtige Gebiet Katcha am Fluss Indus erreichen.
Nach anhaltender Kritik über die unzureichenden Reaktionen von Behörden und Regierung auf die Katastrophe kündigte Premierminister Yousuf Raza Gilani an, dass alle Minister ein Monatsgehalt für die Flutopfer spenden würden. Mit dem Geld habe er einen eigenen Hilfsfonds gegründet, erklärte Gilani am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Islamabad. Armee und Beamte der Zentralregierung wollten demnach einen Tageslohn spenden. Die Wut trifft neben der Regierung vor allem Präsident Asif Ali Zardari: Der schon vorher äußerst unpopuläre Staatschef war trotz der Katastrophe zu Staatsbesuchen nach Paris und London gereist und hatte dort in Luxushotels gewohnt.
(KNA/AFP)