Brüssel. Das EU-Parlament berät über ein neues Gesetz gegen Diskriminierung. Deutsche Zeitungsverleger kritisieren die Richtlinie. Sie fürchten, dass man sie künftig zwingen könnte, Anzeigen von Organisationen wie Scientology abzudrucken.

Muss die Presse künftig zwangsweise Sekten-Propaganda drucken? Diese Sorge bewegt die deutschen Zeitungsverleger angesichts eines geplanten neuen EU-Gesetzes gegen Diskriminierung. Es würde den in der Arbeitswelt bereits bestehenden Anspruch auf Gleichbehandlung auch darüber hinaus festschreiben: In den Bereichen Bildung, Dienstleistungen und Sozialschutz soll dann ebenfalls niemand wegen Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung benachteiligt werden dürfen. Darauf könnten sich Organisationen wie Scientology berufen, um den Abdruck von Anzeigen zu erzwingen.

Diese Gefahr sieht nicht nur der Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Auch das Freiburger Centrum für Europäische Politik urteilt: Wenn Weltanschauung auf ganzer Breite als Kriterium für Diskriminierung gelte, „wären beispielsweise Zeitungen zum Abdruck von Werbeanzeigen von Personen verpflichtet, deren Weltanschauung sie ablehnen und denen sie sonst jede Zusammenarbeit verweigern würden“.

Mitgliedstaaten treffen endgültige Entscheidung

Im Europäischen Parlament, das heute über die Richtlinie abstimmt, gibt es Bemühungen, das Gesetz unter anderem in diesem Punkt zu entschärfen. „Wir sehen erhebliche Probleme“, sagt der CSU-Abgeordnete Manfred Weber. „Auch Extremisten und Sekten wie Scientology könnten sich auf den Schutz der Richtlinie berufen.“ Noch ist allerdings fraglich, ob im Parlament die nötige Mehrheit zustande kommt, um den Vorschlag der Kommission abzuändern. Außerdem hat die Straßburger Volksvertretung in dieser Angelegenheit letztlich nichts zu melden: Sie kann eine Stellungnahme abgeben. Die Entscheidung, die einstimmig fallen muss, liegt indes allein bei den Mitgliedstaaten. Sie wird allerdings frühestens im zweiten Halbjahr erwartet.

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