Berlin. Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit: Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise wird die Reserven der Bundesagentur für Arbeit mehr als aufzehren und damit den Bundeshaushalt 2010 mit Milliarden zusätzlich belasten. Das erwarten Experten.
Der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit wird nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten die finanziellen Reserven der Bundesagentur für Arbeit (BA) voraussichtlich schneller aufzehren als geplant. Dies dürfte schon im nächsten Jahr ein weiteres Milliardenloch in den Bundeshaushalt reißen, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet.
«Wenn die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose weiter senkt und sich die jüngsten negativen Wirtschaftsprognosen erfüllen, geraten auch die Sozialkassen deutlich unter Druck. Wir stehen dann vor milliardenschweren Zusatzbelastungen», zitierte das Blatt den haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter. Die derzeitige Finanzplanung werde sich dann «endgültig nicht mehr halten lassen».
Polster schmilzt
Die Bundesagentur für Arbeit verfügt dem Bericht zufolge über ein Finanzpolster von knapp 17 Milliarden Euro. Im Nachtragshaushalt für 2009 werde aufgrund der steigenden Arbeitslosenzahlen ein Defizit von elf Milliarden Euro veranschlagt. Um dieses Minus auszugleichen, müsse die BA auf ihre Rücklagen zurückgreifen. Ende des Jahres hätte die BA demnach fast sechs Milliarden Euro übrig, hieß es.
Der im Februar 2009 verabschiedete Nachtragshaushalt beruhe aber auf den inzwischen veralteten Wachstumsprognosen im Jahreswirtschaftsbericht vom Januar 2009, hieß es. Darin sei mit einem Minus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,25 Prozent gerechnet worden. Die neue Konjunkturprognose der Bundesregierung im April werde aber deutlich schlechter ausfallen.
Defizit der BA in diesem Jahr über elf Milliarden Euro
Die dramatisch schlechteren Konjunkturdaten werden sich nach Ansicht der Wirtschaftsforschungsinstitute auf den Arbeitsmarkt auswirken: Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) prognostiziert zum Beispiel, dass die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2009 auf 3,7 und im Jahr 2010 auf mehr als 4,6 Millionen steigen wird. Die BA kalkuliert mit durchschnittlich 3,6 Millionen Arbeitslosen in diesem Jahr. Schon 100.000 Erwerbslose mehr kosten nach Berechnungen der Bundesagentur im Jahresdurchschnitt 500 Millionen Euro, wie die «Süddeutsche» weiter berichtet.
Der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Wilhelm Adamy, erwartet demnach, «dass das Defizit der BA in diesem Jahr über die eingeplanten elf Milliarden Euro hinausgehen wird». Schon jetzt sei klar, dass die Arbeitslosenversicherung spätestens Mitte 2010 «finanziell auf Grund laufen» werde. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei dabei die Kurzarbeit.
Der Beitrag für die Arbeitslosenversicherung, der zum 1. Januar von 3,3 auf 2,8 Prozent gesenkt wurde, ist bis Ende 2010 eingefroren. 2011 soll er auf 3,0 Prozent steigen. Sind die Reserven der BA aufgebraucht, muss der Bund mit einem Darlehen einspringen. Dies müsse die Bundesagentur nach Angaben des Arbeitsministeriums aber erst dann zurückzahlen, wenn sie wieder ein positives Ergebnis erwirtschafte, hieß es. «Im Bundeshaushalt 2010 könnten deshalb für die BA Milliarden fällig werden, die noch gar nicht eingeplant sind», wurde Adamy zitiert. (ap)