Washington. Ist das jetzt der Bruch zwischen den alten Verbündeten Israel und USA? Nein, zumindest aus Barack Obamas Sicht gibt es für die schlechte Stimmung gute taktische Gründe. Ein Kommentar.
Das erste Aufeinandertreffen von Benjamin Netanjahu und Barack Obama - beide erst seit wenigen Monaten im Amt - war von einem Misstrauen geprägt, das auf Gegenseitigkeit beruht.
Israel, so die amerikanische Wahrnehmung, ist mit Netanjahu nach rechts gerückt, wird gegenüber Palästinensern einen noch härteren Kurs einschlagen und kommt einem Konflikt mit dem Iran immer näher. Die USA, das ist die israelische Perspektive, haben mit Obama einen Linksruck erlebt, und auf die bedingungslose Unterstützung Amerikas können sich die Israelis nicht länger verlassen.
Ob sich in der politischen Realität so viel geändert hat, wie beide Seiten in ihrem Misstrauen meinen, ist keinesfalls klar. Schlagzeilen des Tenors "Obama geht auf Distanz zu Israel" sind jedenfalls eindeutig übertrieben. Richtig ist: Obama lässt sich nicht so genau in die Karten schauen. Er weiß, dass Bushs Drohungen gegen Iran und seine einseitige Parteinahme für Israel im Streit mit den Palästinensern konstruktive Verhandlungen verhindert haben. Obama wird von Palästinensern und Iranern nur dann als Gesprächspartner ernst genommen, wenn er sich offener und unabhängiger zeigt als sein Vorgänger, wenn er weniger droht und nicht in jedem Punkt die israelische Perspektive übernimmt.
In wenigen Wochen wird Obama in Ägypten eine Rede halten, die vor allem das Publikum in der arabischen Welt im Blick hat und einen neuen Dialog einleiten soll. Ein Loblied auf die amerikanisch-israelische Waffenbruderschaft würde dazu nicht passen. Das alles heißt aber nicht, dass Obama die USA im Nahost-Konflikt oder in der Auseinandersetzung mit dem Iran völlig neu positioniert.
Am engen Bündnis mit Israel wird sich nichts ändern, und weniger noch wird Obama den politischen Kampf gegen mögliche iranische Atomwaffen aufgeben. Der Hinweis, er verlange bis Jahresende handfeste Verhandlungsergebnisse vom Iran, ist durchaus als die übliche Drohung gegen Teheran und die übliche Hilfszusage an Israel zu verstehen. Nur sagt Obama eben beides etwas leiser und diplomatischer als sein Vorgänger.