Essen. Pfiffiges Layout und spannende Features - Rechtsextremisten nehmen mit ihren Websites vor allem Jugendliche ins Visier. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich fremdenfeindliche Botschaften, warnt die Organisation jugendschutz.net. Hass-Botschaften werden subtil in Video-Clips verpackt.

Das Layout ist modern und ansprechend. Elegante Schriftzüge eines Sprayers sind zu sehen. Dazu gibt es jede Menge Graffitis, Zeichnungen, Wallpapers und Sprühschablonen. „Auf den ersten Blick vermitteln Internetseiten wie strassenkunst.info Spaß und Spannung“, erklärt Stefan Glaser von der Organisation jugenschutz.net. Erst auf den zweiten Blick würden sich politische Botschaften mit rechtsextremem Hintergrund offenbaren. „Deshalb müssen die Jugendlichen medienpädagogisch fit gemacht werden, damit sie den Rattenfängern nicht auf den Leim gehen“, fordert Glaser.

Umfang der rechtsextremen Inhalte im Netz wächst

Der Leiter des Rechtsextremismusbereichs der Zentralstelle der Länder für Jugendschutz im Internet warnt vor einer ständig wachsenden Zahl von Internetseiten mit rechtsextremen Inhalten. Waren es 2006 noch rund 1300 Szene-Websites, so ist die Zahl innerhalb von drei Jahren auf 1800 angewachsen. „jugendschutz.net betreibt ein kontinuierliches Internet-Monitoring und beobachtet die Entwicklung der jugendschutzrelevanten rechtsextremen Web-Szene“, erklärt Stefan Glaser im DerWesten-Gespräch.

Werden Internetseiten mit unzulässigen Inhalten entdeckt, kontaktiert die Organisation meistens den Provider. „In der Regel werden die Websites sofort vom Netz genommen, denn der Provider ist nach deutschem Recht ab Kenntnis mit in der Verantwortung“, berichtet Glaser. Etwas schwieriger ist es bei ausländischen Internetdienstanbietern. „Da können wir häufig sehr erfolgreich mit einem Verstoß gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen argumentieren.“ So erreichte jugendschutz.net in den vergangenen Jahren die Schließung von über 1500 unzulässigen deutschsprachigen Websites – das sei eine Erfolgsquote von 80 Prozent.

Hass-Botschaften subtil in Video-Clips verpackt

Neben Angeboten zur Website-Gestaltung, Erstellung von CDs, Flirtbörsen und diversen Services rund um die Durchführung von Konzerten und lokalen Aktionen haben Rechtsextreme einen Fokus auf die Video-Produktion fürs Netz gelegt. Hier werden Hass-Botschaften ganz subtil in Video-Clips verpackt. „Darin tauchen nicht die klassischen Identifikationsfiguren auf, sondern eher völlig unauffällige Personen“, erzählt Stefan Glaser. Auch gebe es selten direkte Propaganda. Stattdessen werden die Zuschauer mit ihren Zukunftsängsten gepackt, „so dass viele Menschen den Botschaften erst einmal oberflächlich zustimmen.“ Erst wenn die angebotene Lösung offenbart bzw. die Schuldigen für soziale Probleme genannt werden, zeige sich der rechtsextremistische Hintergrund.

So gebe es zwei szeneinterne Filmschmieden, deren Machwerke sehr seriös wirken und mit emotionalisierenden Bildern Menschen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen ansprechen. „Diese Entwicklung ist aus Jugendschutzgesichtspunkten problematisch, da die Videos meist keine unzulässigen Inhalte verbreiten, so dass es medienrechtlich keine Handhabe gibt“, erläutert Glaser. Durch die inzwischen etablierte Kooperation zwischen jugendschutz.net und Google/YouTube wurde die Entfernung oder Sperrung von 1500 unzulässigen Videos erreicht.

Stärkere Kontrolle gefordert

Auch mit dem Online-Radio last.fm gibt es eine funktionierende Zusammenarbeit. Rechtsextreme Inhalte werden schnell gelöscht sowie Profile und Musikangebote stärker kontrolliert. „Trotzdem sollten die Betreiber von jugendaffinen und reichweitestarken Diensten mehr Ressourcen einsetzen, um mit technischen und redaktionellen Maßnahmen eine Präsenz rechtsextremer Inhalte zu verhindern“, fordert der Fachmann.

Ein neues Phänomen ist die Gründung von rechtsextremen Sozialen Netzwerken. „Die Spanne reicht von kleinen, vornehmlich virtuellen Communities bis hin zu Gruppen mit mehreren Hundert Mitgliedern, bei denen auch so genannte Real-Life-Treffen beworben werden.“ Oberste Priorität habe für jugenschutz.net, dass rechtsextremistische Inhalte aus dem Internet verschwinden. „Ist der Content-Anbieter bekannt, leiten wir das unzulässige Angebot an die Kommission Jugendmedienschutz. Diese stellt den Verstoß offiziell fest und gibt den Fall ihrerseits an die Strafverfolgungsbehörden weiter“, so Glaser.

"Keine Eintagsfliege"

Gleichwohl werde der Rechtsextremismus seine Präsenz im Internet wohl weiter ausbauen. „Das ist keine Eintagsfliege und wird uns dauerhaft beschäftigen.“ Deshalb sei die medienpädagogische Aufbereitung des Themas umso wichtiger. So führt jugendschutz.net in Kooperation mit dem Innenministerium NRW sowie der Landezentrale für politische Bildung Präventionstage durch, um Schüler sowie Pädagogen über rechtsextreme Propagandastrategien im Internet sowie mögliche Gegenstrategien aufzuklären.