Düsseldorf. Eine schnelle Co-Finanzierung der Milliardenhilfen für überschuldete NRW-Kommunen wird es laut Bundesfinanzministerium nicht geben.
Die von der schwarz-grünen Landesregierung in Aussicht gestellte kommunale Altschuldenlösung kann auf keine rasche Co-Finanzierung durch den Bund bauen. „Die Bundesregierung ist unverändert bereit, die übermäßig verschuldeten Kommunen gemeinsam mit den betroffenen Ländern einmalig von ihren Altschulden zu befreien. Für eine gezielte Beteiligung des Bundes an einer Entschuldung der Kommunen bedarf es jedoch zwingend einer Grundgesetzänderung mit den entsprechenden Mehrheiten im Bundesrat und Bundestag“, erklärte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag auf Anfrage unserer Redaktion.
Das bedeutet: Bevor Hilfen aus Berlin fließen, müsste sich die Ampel-Koalition im Bundestag mit der Union zusammenraufen. Das ist bislang nicht absehbar. Außerdem wäre im Bundesrat eine Zustimmung von solchen Bundesländern notwendig, die selbst gar kein kommunales Altschuldenproblem haben. Hauptprofiteure von Bundesmitteln wären neben NRW nur Rheinland-Pfalz, das Saarland und in geringem Umfang Hessen. Somit dürfte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) selbst in der eigenen Bundespartei Probleme haben, Zustimmung zu Milliardenhilfen für überschuldete Städte zu organisieren.
Die Frage, ob es zu einer Beteiligung des Bundes kommen wird, sei „keine bilaterale Angelegenheit zwischen einem betroffenen Bundesland und dem Bund“, machte Lindners Sprecher deutlich. Genau darauf hatte aber augenscheinlich Schwarz-Grün in Düsseldorf insgeheim gehofft.
NRW will Kommunen über 30 Jahre mit 7,5 Milliarden Euro helfen
Die NRW-Landesregierung hatte am Dienstag nach langem Zögern ihre Bereitschaft erklärt, den Kommunen ab dem Jahr 2025 jährlich 250 Millionen Euro zur Tilgung der kommunalen Altschulden bereitzustellen. Über 30 Jahre sollten 7,5 Milliarden Euro Altschulden der Kommunen getilgt werden. Offenbar wurden von diesem Vorstoß sogar die regierungstragenden Landtagsfraktionen von CDU und Grünen überrascht. Die Ankündigung sei nicht mit dem Haushaltsgesetzgeber abgesprochen worden, hieß es in Fraktionskreisen lapidar.
Vom Bund erwarte man ebenfalls eine Beteiligung in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, erklärte die Landesregierung. Wüst sprach von einer „historischen Chance“, den kommunalen Altschuldenberg von 20 Milliarden Euro allein in NRW abzutragen.
In den betroffenen Städten mit hohen Altschuldenbeständen fand die Initiative Zustimmung. Sie wurde in etlichen Rathäusern so verstanden, dass nun in den Aufstellungsverfahren für den Landes- und Bundeshaushalt 2025 bis zu den Sommerferien jeweils 250 Millionen Euro eingestellt würden. So wird es aber allem Anschein nach nicht kommen, wenn für Bundeshilfen in dieser Größenordnung über eine Grundgesetzänderung bundesweiter Konsens erzielt werden muss. Angesichts des wachsenden Spardrucks in allen öffentlichen Haushalten dürfte die Bereitschaft begrenzt sein.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Töns aus Gelsenkirchen lobte das Entschuldungs-Angebot, das NRW-Ministerpräsident Wüst formuliert hat: „Sein Vorschlag geht in die richtige Richtung und hat Substanz. Jetzt muss Wüst allerdings noch CDU-Chef Friedrich Merz, die CDU-Bundestagsfraktion sowie die Union in den Ländern davon überzeugen, dass sie dieser Altschuldenlösung ebenfalls zustimmen.“ Laut Töns ist es möglich und nötig, die Frage der Altschulden noch in diesem Jahr zu klären. „Je länger wir warten, desto schwerer wird es.“ Die Chance auf eine Einigung in Bundestag und Bundesrat beziffert der Politiker mit 60 bis 70 Prozent.
Altschulden: NRW-FDP vermutete von Beginn an ein „inszeniertes Schauspiel“
Die NRW-FDP hatte schon am Dienstag ein „inszeniertes Schauspiel“ vermutet, da das Hin und Her zwischen Land und Bund bloß fortgesetzt werde, ohne dass bedürftigen Kommunen wirklich geholfen wäre. Auch der Bund der Steuerzahler riet der Landesregierung vorsorglich, sich für die Möglichkeit zu wappnen, dass der Bund am Ende doch nicht mitziehen sollte.
Schwarz-Grün steht ein Jahr vor der Kommunalwahl erheblich unter Druck. Im Koalitionsvertrag hatte man fest zugesagt, bis spätestens Ende 2023 eine Altschuldenlösung vorzulegen – notfalls auch ohne Bundesbeteiligung. Tatsächlich lieferte Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) im vergangenen Sommer jedoch bloß ein Modell, das als „Mogelpackung“ durchfiel. Die Landesregierung wollte die kommunalen Altschulden mit dem bisherigen Anteil der Kommunen an der Grunderwerbsteuer von 460 Millionen Euro jährlich bedienen. Es war also nur eine Umverteilung von Geld vorgesehen, mit dem die Städte ohnehin geplant hatten.
Beim zweiten Versuch winkt man nun zumindest mit frischem Landesgeld. Wenn Bundestag und Bundesrat die 250 Millionen Euro aus NRW jedoch nicht mit der gleichen Summe aufstocken wollen, dauert das Abtragen des Altschuldenberges noch Jahrzehnte länger.