Washington. Der Trump-Prozess markiert eine Zäsur für die USA. Und er zeigt: Amerika füllt den wichtigsten Grundsatz eines Rechtsstaates mit Leben.
Es ist ein Moment der historischen Rechenschaft, der sich an diesem Montag in einem New Yorker Gerichtssaal ereignet. Zum ersten Mal in der bald 250-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten muss sich ein ehemaliger Präsident einem Strafprozess stellen. Man muss das für einen Moment sacken lassen.
Das heißt: Ein Nachfolger von George Washington, Abraham Lincoln, Thomas Jefferson und Harry Truman kann im Falle einer einhelligen Schuldzuweisung durch die Geschworenen am Ende im Gefängnis landen. Allen Versuchen Donald Trumps zum Trotz, das Verfahren um acht Jahre zurückliegende betrügerische Verstöße gegen Wahlkampfspendengesetze aushebeln zu lassen, hat Amerika den wichtigsten Grundsatz eines Rechtsstaates mit Leben erfüllt: Niemand steht über dem Gesetz.
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Das ist von unschätzbarem Wert im Falle eines Mannes, der spätestens mit seiner Regisseur-Rolle beim blutigen Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 bewiesen hat, dass er fest entschlossen ist, diesen Rechtsstaat zu zerstören. Völlig unabhängig davon, ob man Trump verabscheut und hinter Gitter wünscht oder herbeisehnt, dass er im Januar 2025 erneut ins Weiße Haus einzieht – jeder Angeklagte hat Anspruch auf ein sauberes, ordnungsgemäßes Verfahren.
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Trumps Anteil an einem fairen Verfahren dürfte gering ausfallen
Bei jedem gilt die Unschuldsvermutung. Schuld muss bewiesen werden. Und zwar „beyond reasonable doubt”, ohne jeden vernünftigen Zweifel. Man tritt Donald Trump nicht zu nahe, wenn man voraussagt, dass sich sein Anteil an einem fairen, an der Sache orientierten Verfahren in Grenzen halten wird.
Der Mann kann nicht ohne Ich-ich-ich, Hass-Predigt, Lüge und Spektakel. Umso mehr wird es darauf ankommen, dass Staatsanwaltschaft und Richter Würde und Integrität dieses Prozesses sicherstellen. Was die Jury, vermutlich Anfang Juni entscheiden wird, ist heute völlig offen.