Moskau. Hunderte Menschen warteten auf den Auftritt einer Rockgruppe, als mehrere Männer das Feuer eröffneten und der blanke Horror begann.
„Angst“ und „totale Verzweiflung“: Der Schock nach dem tödlichen Angriff auf einen Konzertsaal am Rande Moskaus am Freitag wich am Abend dem ängstlichen Warten der Familien, die oft ohne Nachrichten ihnen nahestehender Menschen waren. „Ich bin völlig in Panik, mein ganzer Körper tut weh“, sagt Semjon Chrapzow, dessen Frau bei dem Konzert war und ihn zum Zeitpunkt des Angriffs anrief. Er konnte sie jedoch nicht genau verstehen.
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Mehrere hundert Menschen waren am Freitagabend zu dem Saal gekommen, um ein Konzert der russischen Rockgruppe Piknik zu sehen. Doch wenige Minuten, bevor die Show beginnt, dringen mehrere Bewaffnete ein. Die Angreifer eröffnen das Feuer, Dutzende Menschen werden nach Angaben der russischen Behörden getötet. Das Vorgehen erinnert an den islamistischen Anschlag auf den Musikklub Bataclan in Paris.
„Sobald ich wusste, was los ist, bin ich hierhergekommen“, sagt Chrapzow. „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es herrscht (ein Gefühl der) totalen Verzweiflung.“
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Aufnahmen zeigen mindestens zwei bewaffenete Männer
Zuvor veröffentlichten Kanäle im Onlinedienst Telegram, die als den Sicherheitsbehörden nahestehend gelten, Videos, auf denen mindestens zwei bewaffnete Männer zu sehen sind, die in die Halle vorrücken. In weiteren sind Leichen und zum Ausgang eilende Menschen zu sehen. Weitere Aufnahmen zeigen Konzertbesucher, die sich hinter Sitzen verstecken.
Auch der 30-jährige Igor Bogodajew wartet auf ein Lebenszeichen seiner Frau, deren Telefon ausgeschaltet ist. „Ich habe Angst“. Seine Freunde hätten versucht, von Krankenhäusern Informationen einzuholen, um herauszufinden, ob seine Frau dort eingeliefert wurde – jedoch ohne Erfolg.
Gewehrsalven und die Schreie einer Frau
Kurz vor Konzertbeginn hätten die Menschen „plötzlich mehrere Maschinengewehrsalven und den schrecklichen Schrei einer Frau“ gehört, „dann viele Schreie“, sagt der Konzertbesucher Alexej, ein Musikproduzent, der Nachrichtenagentur AFP. Er befand sich zum Zeitpunkt des Angriffs in einer Loge. Anschließend sei eine Massenpanik ausgebrochen. Augenzeugen, die die Schützen gesehen hatten, sagten dem Telegram-Kana Baza, sie hätten „fünf bärtige Männer mit automatischen Waffen“ gesehen, einige davon trugen Rucksäcke. Der Telegram-Kanal Mash berichtete, die Schießerei hätte an mehreren Stellen des Konzertsaals begonnen, die Täter hätten Stühle im Konzertsaal angezündet, woraufhin sich das Feuer ausbreitete.
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Gemeinsam mit anderen Menschen, die vor Ort gewesen seien, habe er sich zunächst verbarrikadiert und dann versucht, so schnell wie möglich nach draußen zu gelangen. Unterwegs, sagt Alexej, habe er viel „Rauch und Asche“ gesehen, ehe er den Ausgang erreichte.
Rettungsversuch über das zum Teil eingestürzte Dach
Der Großbrand in dem Gebäude, in dem sich der Konzertsaal befindet, brannte bis spät in der Nacht lichterloh. Zum Teil ist das Dach des Gebäudes teilweise eingestürzt. Das russische Katastrophenschutzministerium teilte mit, Maßnahmen zur Rettung von Menschen auf dem Dach auszuführen. Rund 100 Menschen konnten sich den Angaben zufolge im Keller des Konzertsaals in Sicherheit bringen. (ftg/ afp)
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