Berlin/Moskau. Mindestens 133 Menschen sterben bei einem Anschlag auf ein Konzert in Moskau. Was wir bislang über den Terrorangriff wissen.
Unbeschreibliches Chaos in der „Crocus City Hall“ in Moskau. Es begann mit einem ganz normalen Konzert. Dann attackierten vermitlich vier Angreifer in Tarnkleidung die Besucher. „Wir waren buchstäblich drei Schritte vom Eingang entfernt, als sie anfingen, direkt vorm Eingang zu schießen. Und ein Mann fiel vor mir tot um“, sagt einer der Besucher.
Terror in Moskau: Wie gingen die Täter vor?
+++ Über die aktuellen Entwicklungen nach dem Anschlag in Moskau berichten wir im Ticker +++
Die Rettungsdienste berichteten laut der Nachrichtenagentur Interfax, die Angreifer hätten am Eingang zum Konzertsaal das Feuer auf die Sicherheitskräfte eröffnet, bevor sie „anfingen, auf das Publikum zu schießen“. Nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur Ria Nowosti kamen die Angreifer in Tarnkleidung ins Parkett des Konzertsaals, eröffneten dann das Feuer und warfen „eine Granate oder eine Brandbombe, wodurch ein Brand entstand“. Die Anwesenden seien „während 15 bis 20 Minuten“ auf dem Boden liegen geblieben, um sich vor den Schüssen zu schützen, und seien dann aus dem Saal gekrochen.
Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete einige Stunden nach dem Angriff von schwarzem Rauch und Flammen, die vom Dach des Konzertsaals aufstiegen, der bis zu 6000 Menschen Platz bot. Nach Medienberichten stürzte ein Teil des Dachs zusammen.
Terror in Moskau: Wie viele Opfer gibt es?
Bis zum Samstagmittag stieg die Zahl der Todesopfer nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees auf mindestens 133. Es wurde aber weiter in den Trümmern nach möglichen Opfern gesucht.
Die Feuerwehr habe etwa 100 Menschen in Sicherheit bringen können, die sich im Untergeschoss des Konzertsaals befunden hatten, berichtete die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das russische Notfallministerium. Demnach konnten auch die Mitglieder der Rockband Piknik sowie Menschen vom Dach des Gebäudes evakuiert werden.
Terror in Moskau: Wer sind die mutmaßlichen Täter?
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) übernahm die Verantwortung für den Angriff. Die Gruppe schrieb am Freitag im Onlinedienst Telegram, IS-Kämpfer hätten „eine große Zusammenkunft ... am Rande der russischen Hauptstadt Moskau“ angegriffen. In der IS-Erklärung hieß es weiter, die Angreifer hätten sich „sicher in ihre Stützpunkte zurückgezogen“.
Der Kreml verkündete hingegen am Samstag die Festnahme von elf Verdächtigen, darunter die vier Angreifer, die in der Konzerthalle geschossen hätten. Eine Ermittlung wegen eines „terroristischen Akts“ sei eingeleitet worden. Die vier Angreifer seien in der an die Ukraine und an Belarus grenzenden Region Brjansk festgenommen worden, gab das Ermittlungskomitee bekannt. Der Inlandsgeheimdienst FSB erklärte, die Täter hätten „Kontakte“ in die Ukraine und hätten dorthin fliehen wollen.
Wie reagiert Wladimir Putin auf Anschlag in Moskau?
Auch der russische Präsident Wladimir Putin sagte später in einer Fernsehansprache, alle vier Angreifer seien festgenommen worden und hätten versucht, in die Ukraine zu fliehen. Nach ersten Erkenntnissen sei dort ein „Fenster“ für ihren Grenzübertritt vorbereitet worden. Alle Verantwortlichen, die hinter den Angreifern stehen, würden ausfindig gemacht und „bestraft“.
Die Ukraine und eine für jüngste Vorfälle auf russischem Territorium verantwortliche Einheit russischer, pro-ukrainischer Kämpfer wiesen jede Verantwortung für den Angriff zurück. Der ukrainische Militärgeheimdienst warf dem Kreml und den Spezialdiensten vor, den Angriff inszeniert zu haben, um ihn der Ukraine in die Schuhe zu schieben und eine „Eskalation“ des Kriegs zu rechtfertigen.
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew erklärte, dass Moskau die ukrainische Führung töten werde, wenn sich eine Verwicklung in den Angriff herausstellen sollte.
Terror in Moskau: Gab es Warnungen?
Die US-Botschaft in Russland hatte ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass „Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen“. Das Weiße Haus erklärte, die USA hätten diese Informationen mit den russischen Behörden geteilt.
„Wenn die USA über zuverlässige Daten zu diesem Thema verfügen oder verfügten, müssen sie sie unverzüglich an die russische Seite weiterleiten“, verlangte die russische Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Freitag. Sie sprach von einem „blutigen terroristischen Attentat“. Die russischen Behörden hatten ihrerseits am 30. März erklärt, bei einem Einsatz in der kleinen, mehrheitlich muslimischen Kaukasusrepublik Inguschetien seien sechs mutmaßliche IS-Kämpfer getötet worden.