Rom. Duell der Frauen in Italien: Zwischen der Rechtspopulistin Giorgia Meloni und der Sozialdemokratin Elly Schlein wird der Ton schärfer.
Zum ersten Mal in der italienischen Geschichte sind zwei der mächtigsten Positionen des Landes in weiblicher Hand. Die seit 15 Monaten als Ministerpräsidentin amtierende Rechtspopulistin Giorgia Meloni denkt, als Spitzenkandidatin ihrer Rechtsaußenpartei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens) für die EU-Parlamentswahlen ins Rennen zu ziehen, und misst sich dabei mit Oppositionsführerin Elly Schlein. Dabei erklärte sich die 47-jährige Regierungschefin zu einem Fernsehduell live mit ihrer um neun Jahre jüngeren Rivalin bereit. Schlein, die im März vergangenen Jahres die Führung der italienischen Sozialdemokraten übernommen hat und sie bei den Europawahlen anführen will, sagte prompt zu.
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Ein TV-Debattenduell zwischen den beiden Königinnen der italienischen Politik: Das hat es in Italiens immer noch von Männern dominiertem politischen Umfeld noch nie gegeben. Die Fernsehdebatte verspricht ein historisches Ereignis zu werden. Das Interesse für das Medienevent ist dementsprechend groß. Doch im Vorfeld müssen noch mehrere entscheidende Aspekte geklärt werden, mit denen sich die engsten Vertrauten der beiden Spitzenpolitikerinnen befassen. Erstens muss beschlossen werden, welcher TV-Kanal die spannende Debatte gastiert.
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Mehrere TV-Kanäle, die Mailänder Gruppe Mediaset im Besitz der Erben des im Juni verstorbenen Expremiers Silvio Berlusconi, sowie Sky Italia sind bereit, ihre Studios anzubieten. Die logischste Lösung wäre zwar, dass die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt RAI den Ring für die politische Direktkonfrontation zur Verfügung stellt. Doch die RAI ist bei der Opposition in Ungnade gefallen. Meloni wird beschuldigt, dort Spitzenpositionen mit ihren Vertrauensleuten besetzt zu haben, die ihr eine regierungsfreundliche Berichterstattung sichern. Die RAI sei inzwischen zu „Tele-Meloni“, einem Regierungssprachrohr, geworden, und garantiere keine ausgewogenen und unparteiischen Informationen mehr, kritisiert Schlein. Mehrere politische Talkshows und deren linke Gastgeber sind seit dem Regierungswechsel im Oktober 2022 vom Staatsfernsehen zu Privatsendern abgewandert.
TV-Duell in Italien: Fernsehsender stehen Schlange für das Duell
Auch die Frage, wer das bahnbrechende TV-Duell der Spitzendamen moderieren soll, beschäftigt die politische Szene. Die Forderung einiger Oppositionspolitikerinnen, dass eine Frau, die Debatte moderiere, sorgt für Diskussionen. Als Kandidatin gilt Myrta Merlino, Grande Dame der politischen Talk Shows, die bei Berlusconis Canale 5 zu Hause ist. Bekannt ist sie vor allem wegen der populären Nachmittagssendung „Pomeriggio Cinque“. „Lasst uns die Welt mit einem einzigen Bild verändern“, sagte sie der Zeitung „La Repubblica“ mit Blick auf ein möglicherweise rein weiblich besetztes TV-Duell. Auch die angesehene Südtiroler Starjournalistin Lilli Gruber kommt infrage.
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Allerdings schwirren vor allem Männernamen für die Moderation durch die Medien. Beste Chancen werden Bruno Vespa, 79 Jahre alt, eingeräumt. Der Hausherr der beliebten Politiksendung „Porta a Porta“ von RAI Uno ist rechtskonservativ und bei Meloni gern gesehen. In seinem Salon im ersten Programm der RAI gastiert er seit Jahren alle Protagonisten der italienischen Politik.
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Sein Konkurrent Enrico Mentana (68), Direktor der Nachrichtensendung „TGLa7“, kann ebenfalls auf viel Erfahrung zurückblicken: Schließlich sei er es gewesen, der vor 30 Jahren TV-Duelle nach Italien gebracht habe, sagt der gebürtige Mailänder. So hatte er 1994 mit einer Diskussion zwischen Silvio Berlusconi und dem damaligen Kommunisten-Chef Achille Occhetto begonnen. Berlusconi wurde 1994 Ministerpräsident und zwei Jahre später habe er ebenfalls das Duell moderiert - diesmal zwischen Berlusconi und Romano Prodi, schrieb Mentana auf Instagram.
Italien: Frauen sind im Parlament unterrepräsentiert
Ein offenes Thema ist auch, wann genau die Fernsehdiskussion stattfinden soll. Von April ist die Rede, also circa zwei Monate vor den Europawahlen, die für Meloni zu einem wichtigen politischen Test nach anderthalb Jahren im Amt sein werden. Die Rechtspopulistin sitzt zwar immer noch fest im Sattel und ihre Gruppierung „Brüder Italiens“ ist laut Umfragen nach wie vor mit 29 Prozent der Stimmen stärkste Einzelpartei, doch hohe Staatsschuld, stagnierendes Wirtschaftswachstum und die Migrationsproblematik, die die Rechtsregierung immer noch nicht wirklich in den Griff bekommen hat, nagen an Melonis Popularität.
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Auch die Gefahr einer großen Stimmenenthaltung bei den EU-Wahlen macht der Premierministerin zu schaffen: Denn auch unter den Italienern, die einst als besonders europafreundlich galten, wächst der Verdruss gegenüber dem Brüssel der Technokraten und der überbordenden Bürokratie.
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Das bevorstehende Duell im italienischen Fernsehen wirft viele Fragen in Zusammenhang mit der Rolle der Frauen in der Politik auf. Zwar sind die beiden Positionen an der Spitze der Regierung und Opposition von Frauen besetzt, die weibliche Präsenz im italienischen Parlament liegt jedoch nach wie vor unter dem europäischen Durchschnitt. Lediglich 31 Prozent der Parlamentsmitglieder sind Frauen, in der vergangenen Legislaturperiode waren es noch 35 Prozent. Das ist der erste Rückgang bei der weiblichen Präsenz im Parlament in den vergangenen 20 Jahren. Selbst jene Parteien, die die Gleichstellung der Geschlechter zu einem Schwerpunkt ihrer Programme gemacht hatten, wie Schleins Sozialdemokraten, haben es nicht geschafft, Frauen gleichberechtigt ins Parlament zu hieven.