Düsseldorf. Traktor-Blockaden von wütenden Bauern könnten in NRW teuer werden. Schuld ist eine neue Gebührenordnung - und die hat es in sich.

Nach der Bauern-Blockade einer Urlaubsfähre von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) am späten Donnerstagabend im Hafen Schlüttsiel (Schleswig-Holstein) ist auch in Nordrhein-Westfalen eine Debatte über den weiteren Umgang mit aggressiven Protesten von Landwirten entbrannt.

Das NRW-Innenministerium stellte am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion klar, dass für Teilnehmer von nicht genehmigten Versammlungen oder einzelne Bauern, die von Demonstrationen ausgeschlossen werden müssen, ebenso Polizeigebühren fällig werden können wie bei den sogenannten Klimaklebern.

Polizeikosten für Bauern-Demos: Neue Gebührenordnung in NRW macht es möglich

„Sofern in diesem Rahmen unmittelbarer Zwang angewendet wird, kommt auch eine Gebührenerhebung nach der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW in Betracht. Dies muss freilich in jedem Einzelfall geprüft werden“, erklärte ein Ministeriumssprecher.

Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte im vergangenen Sommer in die Gebührenordnung des Landes einen neuen Paragrafen aufgenommen. Demnach kann jemand mit bis zu 50.000 Euro zur Kasse gebeten werden, wenn er von der Polizei „durch unmittelbaren Zwang“ weggebracht werden muss. Je mehr Zeit die Polizei aufwenden muss, um etwa Straßenblockaden aufzulösen, desto höher fällt die Rechnung aus.

NRW erwartet Montag Verkehrsbehinderungen durch Landwirte in mindestens fünf Städten

NRW erwartet am kommenden Montag im Rahmen eines bundesweiten Bauern-Aktionstages Verkehrsbehinderungen durch angemeldete Versammlungen in Dortmund, Düsseldorf, Köln, Bonn und Münster. Die Landeswirte protestieren seit Wochen gegen den von der Bundesregierung geplanten Abbau eines Teils ihrer Steuerprivilegien.

„Ich verstehe den Unmut der Landwirte, aber das ist ganz sicher kein Freifahrtschein für Straßenblockaden“, sagte Reul am Freitag unserer Redaktion. Der Innenminister hat in einem Erlass an alle Polizeidienststellen klargestellt, dass Versammlungen auf Autobahnen grundsätzlich verboten sind. Die Bauern dürfen zwar mit ihren Traktoren zu Veranstaltungen fahren und damit auch Staus produzieren. „Behinderungen der Straßenverkehrsteilnehmenden sind hingegen nicht mehr vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt, wenn die Behinderung Dritter nicht nur als Nebenfolge in Kauf genommen, sondern beabsichtigt wird, um die Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen zu erhöhen“, heißt es in dem Erlass.

NRW-Innenminister warnt Bauern: Nicht über die Stränge schlagen

Reul warnte: „Wer über die Stränge schlägt, muss mit Konsequenzen rechnen.“ Auch sein grüner Koalitionspartner erwartet, dass die Polizei die gleichen Maßstäbe anlegt wie bei Klimaklebern. „Ich stehe möglichen Gebühren für Polizeieinsätze nach wie vor grundsätzlich kritisch gegenüber, weil Sicherheit eine staatliche Aufgabe ist. Ich gehe davon aus, dass bei der Anwendung der Verordnung selbstverständlich nicht zwischen Personengruppen unterschieden wird“, sagte Grünen-Innenexpertin Julia Höller unserer Redaktion.

Die Attacken auf Vizekanzler Habeck wurden parteiübergreifend verurteilt. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach von einer Grenzüberschreitung, die „absolut inakzeptabel“ sei.