Istanbul. Die Jacht “Victoria“ soll Wladimir Putin gehören – und sich aktuell in Nato-Gewässern befinden. Das ist gleich mehrfach brisant.
Seit Beginn des Ukraine-Krieges wurden zahlreiche Luxusjachten russischer Oligarchen festgesetzt, darunter auch die “Scheherazade“, ein 140 Meter langes Schiff im Wert von 700 Millionen Dollar. Die “Scheherazade“ gehört offiziell wohl dem Ölmanager Eduard Khudainatov, dieser soll aber nur ein Strohmann für den wahren Besitzer sein: Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Tatsächlich soll der 71-jährige Putin diverse Luxusjachten besitzen, die ihm aber offiziell nicht zugeordnet werden.
Zwei Putin-Jachten in Türkei entdeckt
Journalisten des Dossier Center ist es jetzt nach eigenen Angaben gelungen, zwei dieser Jachten ausfindig zu machen und zwar in einer Werft im NATO-Land Türkei. Die Mitarbeiter des Dossier Center, das von dem Exil-Putinkritiker Michail Chodorkowksky gegründet wurde, beschreiben in ihrer Recherche, wie sie sich der Werft zunächst mit einem Boot annähern und schließlich mit einer Drohne ein entscheidendes Detail bemerken: Auf einem Schiff prangt der Großbuchstabe „V“, laut dem Bericht eindeutiges Erkennungszeichen für die Jacht “Victoria“.
Putin soll geheimer Eigentümer sein
Auch bei der “Victoria“ ist Putin nicht der offizielle Eigentümer, stattdessen soll das Schiff dem Oligarchen Gennadi Timchenko gehören. Das Dossier Center hat aber klare Hinweise dafür entdeckt, dass die “Victoria“ in Wahrheit zu Putins Luxusflotte zählt und mit ihren 71 Metern die größte Vertreterin dieser im Schwarzen Meer darstellt. So soll die Jacht regelmäßig zwischen ihrem Hauptlageplatz in Sotschi und Kap Idokopas hin und herfahren. Am Kap Idokopas befindet sich übereinstimmenden Berichten zufolge eine luxuriöse Residenz Wladimir Putins, von Kremlkritiker Alexej Nawalny auch als „Palast für Putin“ bezeichnet.
Auch die Crew gibt Hinweise auf Verbindungen zum russischen Präsidenten, einige Besatzungsmitglieder sollen Verbindungen zu anderen Luxusjachten Putins haben, unter anderem der “Graceful“. Genau wie die “Graceful“ wurde auch die “Victoria“ von einem russischen Militärwerk gebaut, für zivile Schiffe ein sehr ungewöhnlicher Hersteller.
Sanktionen gegen russische Schiffe
An Bau und Instandhaltung der Jachten russischer Oligarchen beteiligten sich vor Beginn des Ukraine-Krieges auch Firmen aus EU-Ländern, häufig wurden die Luxusschiffe in westlichen Werften gewartet. Mit Kriegsbeginn änderte sich das, die Jachten, die nicht festgesetzt wurden, wurden umgelagert.
Das gilt beispielsweise für die “Graceful“, seit dem Festsetzen der “Scheherazade“ die größte Jacht, die Putin zugeordnet wird und auf der der russische Staatschef sich 2021 mit dem belarussischen Präsident Alexander Lukaschenko traf. Sie lag bis kurz vor Kriegsbeginn in Hamburg und ist in der Ostsee unterwegs, seit dem elften EU-Sanktionspaket ist ihr, wie allen Schiffen unter russischer Fahne, der Halt in EU-Häfen verboten.
Wartung in türkischer Werft mit NATO-Verbindungen
Die “Victoria“ liegt nun zur Wartung in der türkischen Desan-Werft am Marmarameer, gemeinsam mit der “Orion“, einer weiteren Jacht Putins, die mit 38,5 Metern aber deutlich kleiner ist. Kein ungewöhnlicher Stellplatz für ein russisches Schiff, denn die Türkei ist kein EU-Mitglied und muss sich daher nicht an die Sanktionen halten.
Zwar ist die Türkei durch die NATO mit zahlreichen EU-Staaten und auch anderen Ländern wie den USA, die Sanktionen gegen Russland beschlossen haben, verbündet, allerdings ist sie dafür bekannt, westliche Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Die Wahl des Unternehmens ist allerdings zusätzlich brisant. Denn die Desan-Werft im Osten Istanbuls gehört zur Kaptanoglu-Gruppe, die auch Kriegsschiffe für die Türkei baut und über Sicherheitszertifikate der NATO verfügt. Dennoch führt die Werft die Wartungsarbeiten an der mutmaßlichen Putin-Jacht durch.